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Schubert, Hans; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1916, 1. Abhandlung): Die sogenannten Slavenapostel Constantin und Methodius: ein grundlegendes Kapitel aus den Beziehungen Deutschlands zum Südosten — Heidelberg, 1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.34072#0034
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26

H. V. ScHUBERT:

noch eine Menge anderer Fehlerquellen. Sie festzustehen, würden
wir nur in der Lage sein, wenn wir den ganzen Umkreis der Fragen
überschauten. Die Jüngergemeinde spricht sich in der Legende
aus: Angaben über Zeit, Ort und Verfasser pflegen zu fehlen. Die
Vita des Methodius ist uns obendreinnurausrussischenTextenbe-
kannt, von denen der früheste dem 12. Jahrhundert angehört. Da die
altrussische Chronik, der sogen. Nestor, deren ältester Teil dem
11. Jahrhundertentstammt, siebenutzt^, kommenwirhöher hinauf.
Es muß vorbehalten bfeiben, daß die russischen Abschreiber einiges
nicht mehr verstanden und verändert haben^. Dennoch wird man,
wenn man von den Urkunden und damit dem einzig sicheren Aus-
gangspunkte der Beurteilung herkommt, geneigt sein, diese Legende
zu den besseren zu zählen und sie noch weiter hinauf, in die Nähe
Methods zu rücken: sie ist roh und nüchtern, vofl von historischen
Angaben, von denen einzelne durch die Urkunden sich bestätigen
lassen. Sie ist von einem griechisch gesinnten Slaven geschrieben, der
auch Rom auf seiner Seite zu zeigen wünscht, wie Methodius selbst.
So bringt er (c. 8) einen gefälschten Brief Hadrians II., der gleich
am Anfang des Unternehmens die slavische Schriftsprache unter
den Schutz des päpstlichen Bannes stellt^. Aber selbst, wenn der
Verfasser noch zum unmittelbaren Schülerkreis gehört hat, so ist
damit die Frage noch nicht entschieden, wo seine eigene Iienntnis
einsetzt. Eine Vita kann im zweiten Teil sehr gut, im ersten, der
Vorgeschichte, sehr schlecht sein. War der Verfasser ein panno-
nischer Südslave und stieß etwa 870 zu Methodius, so beruht die
ganze erste wesentlich unkontrollierbare Hälfte im hesten Falle
auf dem, was Methodius über seine Vergangenheit den Seinen zu
erzählen für gut fand. Man kann bei dieser Sachlage nur zu dem
Schluß kommen, daß man mit aller Vorsicht, d. h. mit deutlicher
Kennzeichnung der Linsicherheit, aus der Legende den einen oder

i ED. ScHERER S. 53ff., LEGER (Par. 1884), S. 19.
^ Über diese Überlieferungsfragen z. B. BRÜcnNER, S. 11 ff. Über
falsche Gfossierung und Übersetzungsfehler S. 48, 73, 80 A. 1, 95 A. 1.
s JAFFE No. 2924. Über die Fälschung GöTz S. 52ff., BRUCKNER S.
60ff., vergl. HAucK S. 721, A. 7. Wie griechisch der Standpunkt ist,
geht aus der wenig beachteten Tatsache hervor, daß sie c. 15 Methodius
sogar den Nomokanon, die Sammlung des griechischen Kirchenrechts,
ins Slavische übersetzen läßt. Liegt dem etwas Historisches zu grunde,
so würde daraus auf die griechische Haltung des Methodius selbst das
hellste Licht fallen.
 
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