Metadaten

Troje, Luise; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1916, 17. Abhandlung): Adam und Zoe: eine Szene der altchristlichen Kunst in ihrem religionsgeschichtlichen Zusammenhange — Heidelberg, 1916

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34088#0012
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
12

L. TROJE ;

sich durch die tiefe Verwurzelung der Frage im ahgemeinen reli-
giösen Gharakter der Zeit und durch die Aussicht, zugleich mit
der kleinen singulären Darstellung von E1 Bagauät auch die übrige
frühchristliche Kunst, soweit sie mit der Adamlegende in Bezie-
hung steht, in zeitgemäße Beleuchtung rücken zu können. Mit
einiger Sicherheit wird man das nur nach Aneignung alles erreich-
baren Vorstellungsmaterials nnternehmen dürfen.
Daß die ersten christlichen Jahrhunderte, die zwischen kano-
nischer und apokrypher Tradition noch nicht strenge schieden,
von Adam und Eva eine wesentlich andere Auffassung hatten als
die spätere Zeit, ist auch dem christlichen Archäologen eine längst
bekannte Tatsache. Die Kunst jener Frühzeit stellt die Proto-
plasten stets mit ein in die Typenreihen, durch die sie die Heils-
garantien für die Menschheit vorbildlich ausdrückt, und in einer
Anzahl von Beispielen tragen sie sogar offensichtlich Heroen-
charakter. Im Sinne der Bibel ist das nicht. Nach dem alten
Testament ist durch Adams Schuld der Tod in die Welt gekommen,
nach dem neuen Testament ist erst durch Christus seine an der
ganzen Menschheit begangene Schuld gesühnt. In die Reihe der
,,Gerechten", an denen Gottes den Glauben lohnende Wunder-
macht sich kundtut, eines Abraham und Isaak, eines Daniel und
einer Susanna, gehören Adam und Eva denmach nicht.
Aber der starke Nachdruck, der für uns aui ihrerVerschuldung
liegt, hat sich ja erst mit dem kirchlicken Dogma der ErbsündM ein-
gestellt, und schon aus der Wucht, mit der seit Augustin die Dis-
kreditierung des Adam durch dieses scharf betonte Dogma \mn
Seiten der Kirche erfolgte^, könnte man auf eine mißliebig gewor-
dene gegenteilige Auffassung schließen. In der Tat haben Adam
und Eva aus Gründen, die die Kirche reizen mußten, eine Reihe
von Jahrhunderten hindurch damals eine ganz hervorragende
Rolle gespielt. Ohne Grundangabe, also alfgemeines Einverständ-
nis voraussetzend, sagt bereits Jesus Sirach (49, 16) im Anfang
des 2. Jahrhunderts v. Chr. nach seitenlanger Aufzählung aller
berühmten Großen seines Volkes ,,doch über alle, die je gelebt
haben, geht der Ruhm des Adam." Und auf dem Epitaph des
1 Auf Grund von Röm. 5,18.
2 De pecc. mer. et rem. 1 und De nupt. et concub. 2. — Die apostolischen
Konstitutionen VI 16 (4. Jahrhundert) erwähnen ein apokryphes Adambuch
als verdammenswert. Im Dekret des Gelasius 494 wird ein liber poenitentiae
Adae ausdrücklich verdammt (CREDNER, Zn7- Aunons S. 219).
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften