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Troje, Luise; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1916, 17. Abhandlung): Adam und Zoe: eine Szene der altchristlichen Kunst in ihrem religionsgeschichtlichen Zusammenhange — Heidelberg, 1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.34088#0084
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L. TROJE:

an sich uralten und überah verbreiteten Idee vom Wundersaft
eines Wunderbaumes scheint Ägypten mit einer spezifischen Tra-
dition eingetreten zu sein. Neben der großen Bedeutung, die gerade
auch in Ägypten dem Ö1 bei der Krankheitsheilung zukommt, fiel
ihm hier eine eigentümlich mystisch-magische Rolle auch noch
auf einem anderen Gebiet zu, dem der Einbalsamierung. Wir
hören, daß es dem weisen Priester, der in der Kunst des Salbens
erfahren isG, obliegt, in Stellvertretung des Gottes Anubis den
Toten in einem umständlichen Ritual vor der Umhüllung mit
Binden zu salbenh A. ERMAN bemerkt dazu: ,,da dem Osiris das
Verklären des Osiris und der Toten zugeschrieben wird, so hat man
damals schon der Kunst des Anubis, d. h. der richtigen Zuberei-
tung der Leiche die Kraft zugeschrieben, den Toten zu «verklärenW."
Dann gehört er zu den ,,herrlichen Verklärten", die zum Himmel
gehen (ERMAN S. 25), dann ist er gesichert gegen die feindlichen
Gewalten, die auf dem Wege zum Jenseits drohen (ERMAN S. 105).
dann ,,läßt der Sonnengott seinen Leib leuchten wie den der Himm-
lischen", dann ist er unsterblich geworden, vergöttlicht. Es ist
also durchaus von Bedeutung, wenn Apok. Moses 40 Gott dem
Michael ausdrücklich befiehlt, wohlriechendes Ö1 zu nehmen und

Salbung auf (22, 9 und 56, 2 B. ,,Höre o Kind, von da an, daß mich der Herr
gesalbt hat mit der Salbe (Öl) seiner Herrlichkeit, von da an ward nicht Speise
in mir, noch verlangt mich irdischer Speise." — Der Einfluß, der hier das
Judentum berührt hat, muß stark gewesen sein, denn der Hauptbegriff, den
das Alte Testament mit der Ölsalbung verband, der der Amtsweihe (vgl.
dazu das spätere ausdrückliche Verbot des Priesterkodex Exod. 30, 32 in
Bezug auf das Öl: ,,auf Menschen Leib soILs nicht gegossen werden"), tritt
gegen den neuen der vergöttlichenden Wunderkraft völlig zurück. (Gelegent-
lich wird allerdings versucht, den mystisch magischen Gebrauch des Öls mit
dem altjüdischen in bedeutsame Beziehung zu bringen und dadurch zu sanktio-
nieren [Ae/Mgu. l,45ff.].)
^ Nach dem Berliner Med. Pap. 8,10 und oft, verwenden*-sie diese
Kenntnis auch als Ärzte.
^ A. ERMAN, Tgypt. 8. 151 und 68f. — Für das Ritual der
Einbalsamierung s. G. RoEDER, Kr/LMuden S. 299; s. auch R. REiTZENSTEiN,
diysie/u'enreü'gionen 8. 206 ,,die Belebung des Toten im Totenkult, zu der
man wohlriechendes Ö1 oder Salbe verwendet."
3 ,,Im ägyptischen Kult bedeutet die Kausativform «verklären)), dem
Verstorbenen durch das Rezitieren von Liturgien zur Seligkeit (Göttlichkeit)
zu verhelfen." R. REiTZENSTBiN a. a. O. S. 142. Das sichtbare φ&ρμκχον war
dabei die Ölsalbung. S. oben S. 81.
 
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