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Soltau, Wilhelm; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1916, 6. Abhandlung): Das vierte Evangelium in seiner Entstehungsgeschichte dargelegt — Heidelberg, 1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.34077#0009
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Das vierte Evans'elium.

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WELLHAUSEN bestimmt genug erwiesen; es waren dogmatische
Gründe, welche den Verfasser veranlaßten, hervorzuheben, daß
Blut und Wasser aus Jesu Wunde geflossen seien.
Dagegen muß hier noch unbestimmt gelassen werden, ob G
auch die nachträglich eingelegte^ Lazaruserzählung in das Evan-
gelium gesetzt hat. In diesem Falle müßten auch 12, 9—11 und
12, 17 später eingeschoben sein; und das ist in der Tat sehr walrr-
scheinlich, da nach 11, 46—57 der hohe Rat auch ohne Kennt-
nis der Lazaruserweckung schon Jesu Tod beschlossen hatte.
3. In ganz eigentümlicher Weise stehen diesen äußerlichen
Interpolationen auch die großen Redestücke (R) nahe, die beson-
ders die erbauliche Seite des vierten Evangeliums verkörpern.
In den meisten Fälfen liegen sie formell und inhaltlich soweit vom
Erzählungsstoff des Evangeliums ab, als seien sie erst nachträglich
in den Zusammenhang eingeschoben worden. Schon 1901 hob ich
hervor^, daß die Reden ,,trotz mancher Verwandtschaft der An-
schauungen mit dem Erzählungsstoff logisch und stilistisch nicht
mit ihm zusammenhängen." Dieser Glaube an die ursprüngliche
Selbständigkeit von R wurde durchaus bestärkt, nachdem WELL-
HAUSEN bewiesen hatte, daß die Capp. 14—17 später in das Evan-
gelium eingeschoben seien. Einwände CoRSSENs hiergegen wurden
von WELLHAUSEN und mir zurückgewiesenh
Hier kann natürlich nochnicht auf die ganze Frage nach dem
Ursprung und der Echtheit von R eingegangen werden; es soll
zunächst nur festgestellt werden, daß die einzelnen Redestücke
ebenso äußerlich wie manche Interpolationen in den Text des
Evangeliums eingefügt sind. Joh. folgt 13, 36—38 Mark. 14, 30,
Joh. 14, 29—31 Mark. 14, 42, und Joh. 18, 1 Mark. 14, 43—44.
Und trotzdem soll der Evangelist, also ein verständiger Autor,
diesen zusammenhängenden Bericht zweimal durch lange Reden
(1 + 3 Kapitel) — 14, 30 und 31, eingeleitet durch oux &L (-oZZ&)^
^ Dafür spricht 11, 2 der Hinweis auf das, was erst 12, 2f. erzählt wird.
Auch 12, 1 macht den Eindruck, als ob von Lazarus noch nicht die Rede
gewesen wäre.
^ In meinem Buche Unsere Eoa77ge//e77, fAre M77d 7/77' QMeHenfveT'L
^ 8. WELLHAUSEN, Das EpMTtge^MTM JoAMM7n's/ SoLTAU, Der eigeMMT-n'ge
dog7Mansc/7e 6*^a77.c/pM77/c^ T/eT* JoAaMTT.esT'edeM in Zedee/77'. /. uu'se. TAeo/og/e 1910,
344f.; EA. AL M. A7*. 1908, 179f.; JJc^esL A/o77a^sAehe 1911, 185f. und zuletzt
Zeüsc/77-. /. c/. AeM^esL tf/ss. 1915, 31 ff.
^ stand nicht ursprünglich im Text.
 
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