Metadaten

Soltau, Wilhelm; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1916, 6. Abhandlung): Das vierte Evangelium in seiner Entstehungsgeschichte dargelegt — Heidelberg, 1916

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34077#0015
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Das vierte Evangelium.

15

mangelhaft^. So z. B. hei efer Parabel vom guten Hirten: bedenk-
iich ist doch wahrlich, daß jeder innere Zusammenhang zwischen
10, 1—18 und den Streitreden mit den Juden vorher und nachher
fehlt. Ebenso steht 3, 15—22 ohne jede Verbindung mit dem
Nikodemusgespräch und der fofgenden Tauftätigkeit Jesu. Auch
von capp. 14—17 sind die entsprechenden Beweise durch WELL-
HAUSEN und mich wohf hiniänglich erbracht.
3. Am wichtigsten ist aber die Entdeckung, daß alle Rede-
stücke eng zusammengehören. Sie sind ,,wie mit der Papierschere"
auseinandergeschnitten. Diese Tatsache gibt zugleich die Erklärung
für die unter 2 erwähnte Tatsache, daß die einzelnen Teile von R
in gar keiner Beziehung zu den erzählenden Partien von Ev. stehen.
Man vergleiche:
1, 1—18 — 3, 13
3, 21 — 3, 31b—36
3, 36 — 5, 19—47
5, 47 — 6, (30—31) 32
10, 1—18 — 10, 25 — 30—12, 44—50
14, 1—29 — 15, 17
Inhaltlich aber hängen auch die in der Mitte des Evangeliums stehen-
den (auch aus R stammenden) allegorischen Darsteilungen enger zu-
sammen: 5, 19—47 Gott als Vater Jesu; 6, 32—63 Jesus als Brot
des Lebens; 8, 12f. Jesus als Licht der Welt; 10, 1—18 Jesus als
guter Hirte; 15, 1—7 Jesus als Weinstock.
4. Daß eine besondere Sammlung von R bestanden hat, wird
nun auch dadurch wahrscheinlich gemacht, wo nicht gar erwiesen,
daß beide Teile, Ev. ohne R wie R, sefbständig existiert
haben.
Von Justinus (um 147) steht es nach manchen Spezialunter-
suchungen^ fest, daß er nicht das vollständige vierte Evangelium,
1 Verunglückte Versuche sind nur 5, 17—18 und 14, 30—31 gemacht
worden. Ohne den Hinweis, daß Gott der Vater Jesu sei, der nicht 5, 1—16,
sondern zuerst 5, 17 auftritt, wäre die folgende Rede sinnlos. Ebenso ist
6, 31 aus 6, 58 vorgesetzt, um einen äußerlichen Zusammenhang zwischen
6, 29 und 6, 32 ff. herzustehen. Von einem inneren Zusammenhang einer Rede
über Vater und Sohn mit dem Bericht von der Heilung des Gelähmten oder
der Rede über Jesus als Brot des Lebens mit 6, 1—25 darf nicht gesprochen
werden.
2 Mit Entschiedenheit ist dafür namentlich WENDT, Ras Johc^nis-
164f. eingetreten; vgl. auch SoLTAU, TA. A. M. hfr. 1908, 183;
ZeüscD'. f. <^. JVen^esL JTiss. 1905, 3. H. 1.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften