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Soltau, Wilhelm; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1916, 6. Abhandlung): Das vierte Evangelium in seiner Entstehungsgeschichte dargelegt — Heidelberg, 1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.34077#0030
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30

WlLHELM SOLTAU :

verfolgt hat, die Hauptschuld an dem Tode Jesu auf die Juden
zu schieben und auf ihren Haß gegen ihn wegen seiner Anmaßung,
der Sohn Gottes zu sein. Aber mit der Darlegung dieser Grund-
anschauung Ev.s über die Ursachen der Katastrophe Jesu ist
noch nicht erklärt, weshalb er überhaupt eine Umarbeitung durch
Teile aus R vorgenommen hat.
Vieles spricht dafür, daß er vor allem die Christoiogie von R
durch mannigfache Entlehnung von Sprüchen aus R besser zu
fundieren hoffte. Nach dieser Richtung finden sich dogmatische
Umänderungen und Verbesserungen, meist im Anschiuß an R, fast
in jedem Kapitel:
1. bei der Annahme der Göttlichkeit Christi verlor die Taufe
durch Johannes ihren Sinn, oder vielmehr, sie mußte umgedeutet
werden; dies geschah durch die Änderungen, welche der synopti-
sche Bericht 1, 29—34 erfahren hath
2. Von besonderer Bedeutung für einen Schriftstelier, welcher
Ideen von R in G hineintragen wollte, mußte es sein, die Grund-
anschauungen von R, wie sie in dem christologischen Gemeinde-
bekenntnis 3, 16—21, 3, 31—36 und darnach vor allem in 5, 19—47;
12,45—50niedergelegtwaren, in das Evangelium hinüberzunehmen;
dies hat Ev. reichlich getan in 7, 28f.; 8, 16f.; 8, 28f.; 10, 33—39;
12,37. Das ganze Wortgefecht8,28f. und 10,33f.handelt von der Er-
regung des jüdischen Volkes über die vermeintliche Anmaßung Jesu,
daß er sich für den Sohn Gottes ausgebe, sich Gott gleichstelle.
3. 1 3; 1, 5 feiern Jesum als Licht der Welt; dieses Wort
bildet beim Evangelisten den Ausgangspunkt der Rede Jesu 8, 12
,,Ich bin das Licht der Welt." Der gleiche Gedanke steht 9, 5.
4. Die Ideen, welche R in 6, 32—63 ausführt, haben, wie
schon oben S. 26 erwähnt, vielfach kleinere Zusätze und Ein-
lagen im Evangelium beeinflußt; so 4, 10—15; 4, 30—39; 6, 25
bis 31; auch 9, 4.
5. Der Grundgedanke der Lazarusepisode, daß Christus den
Gläubigen die Auferstehung verleihe, ist aus R entnommen, vor
allem aus 6, 40f.; 14, 6 schließt sich aber daneben eng an das
christologische Gemeindebekenntnis 3, 16—17 anh
* Dieser ist später noch weiter durch Interpolationen verunstaltet
worden. Wohl dieselbe Hand, welche 1, 15 nach 1, 30 einschob, war auch
tätig bei Einfügung von 1, 29b, 31. Vgl. ZeüscAr. /. tvisg. yAeoDgie 1910.
s Dieser Gedanke hat Ev. bezw. den Continuator veranlaßt, die Er-
weckung des Lazarus, die für die Erregung von Haß beim jüdischen Volk
 
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