Metadaten

Pagenstecher, Rudolf; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1917, 12. Abhandlung): Alexandrinische Studien — Heidelberg, 1917

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.37645#0052
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
50

Rudolf Pagenstecher:

unabhängige Arbeit; ob dem Künstler überhaupt ein Vorbild,
dem er sich anschließen konnte, Vorgelegen hat, wissen wir nicht,
doch trägt das Bildchen alle Anzeichen einer hübschen Augenblicks-
schöpfung an sich. An Schönheit der Ausführung, an Sorgfalt der
Komposition hat die SiEGLiNSche Bronze als Hermes mit dem Blatt
und als Diskoboi nicht ihresgleichen. Das weist uns auf einen nicht
geringen Meister. Wir fragen: wie steht der Stuttgarter Hermes
innerhalb der griechischen Kunstgeschichte, insbesondere der
alexandrinischen ?
Schon die ägyptische Ortschaft, an deren Stelle Alexandrien
gegründet wurde, hatte sich den Ausstrahlungen griechischer
Kultur nicht verschließen können. Durch.Vermittlung wahrschein-
lich von Naukratis war das eine oder das andere Stück griechischen
Importes nach Rhakotis gekommen1. Der volle Strom frischen
Lebens aber brauste erst über das Land, als die neue Alexander-
stadt gegründet und zur Hauptstadt eines griechischen Ägyptens
erhoben wurde, zu ihr geweiht durch den Leib des Königs, der von.
Memphis hierher übertragen ward.
Die Kunst, die nun an den Ufern des Nil entstand, konnte
nicht eine neugeschaffene selbständige sein. Die Architektur ver-
wendet griechische Formen, setzt fort, was etwa in dem Kapitell
des Polyklet in Epidauros vorlag. Die bemalten Tonl'igürchen
werden aus Tanagra und anderen Zentren dieser zierlichen Industrie
bezogen. Auch die Malerei stand in enger Beziehung zur helladi-
schen Kunst und es scheint mir noch sehr die Frage, ob nur be-
wußtes Stillschweigen im Altertum Schuld daran ist, daß wir so
wenig von ihr wissen2. Die ältesten bemalten Vasen wurden in
Athen gefertigt und von dort hinüber geschafft, und ebenso sind
die frühesten Skulpturen zweifellos direkter Kunstimport; erst
später hat man herübergebrachten Marmor im Lande selbst ver-
arbeitet. So sind die ältesten Grabreliefs derartig attisch, daß
man an eine unterbrochene Tradition glauben könnte3.
1 Sie glin-Sch reib er, Bd. II 3, 5 ff.
2 Klein, Geschichte der griechischen Kunst III, 23.
3 Architektur: Schreiber, Verh. d. 48. Phil.-Vers. Hamburg, 95 f.;
Sieglin-Schreiber I, 275ff.; Vasen: Furtwängler-Reichhold Taf. 40;
Sieglin-Schreiber II 3, 5ff. Terrakotten: Neroutsos-Bey, L’ancienne
Alexandrie Tafel S. 75; Sieglin-Schreiber II 2A Taf. I ff. (in Vorbereitung).
Grabreliefs Sieglin-Schreiber II 1 A S. 8.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften