Die Streitlosigkeit des Subhuti.
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Nacht“ (Pet. Wb.), dann „Morgenröte“, „Morgenstern“ (Apte), ein-
gesetzt wurde, trotz des Widersinnes, der darin enthalten ist, daß
die Venus gleichzeitig mit der Milchstraße sichtbar sein soll. Man
wird aber diesen lapsus calami des hochverdienten Bahnbrechers
der sanskrit-tibetischen Studien um so eher entschuldigen, als doch
selbst Böthlingk, Gowell und Max Müller nichts mit dem so be-
fremdenden Terminus anzufangen wußten1) und selbst heute noch,
wo doch dessen Bedeutung auch von der neueren europäischen
Forschung — Feer, Speyer, Mrs. Rhys Davids2) — zur Genüge
festgestellt ist, ein Indologe, dem allerdings die gesamte einschlägige
Literatur entgangen zu sein scheint, sich auf die Wiedergabe jenes
Wortes mit „Lustlosigkeit“ versteift. Indessen kann er sich wenigstens
auf ein Argument zur Stütze seiner Auffassung berufen, indem er
sagt: „rana heißt schon im Rgv. 'Lust’“. Leider unterläßt er es
aber, sich darüber zu äußern, wie er dazu kommt, den Sprach-
gebrauch des Rgveda als maßgeblich für den des buddhistischen
Sanskrit zu betrachten. So wenig wir also Veranlassung hätten,
diese Auffassung in den Bereich der Möglichkeit zu ziehen, zumal
da sie sich in einem diametralen Gegensatz zu der tatsächlichen
Bedeutung des Ausdrucks befindet, möge zum Schluß noch dieses
einzige Argument, das Franke zugunsten seiner Auffassung anzu-
führen in der Lage ist, auf seine Triftigkeit untersucht werden.
Der Versuch, ai. rana- von der Wurzel ran abzuleiten, ist so
naheliegend, daß man sich wundern müßte, wenn er nicht allge-
mein als berechtigt anerkannt wäre. Tatsächlich hat schon Bopp,
Glossarium3 s. v. diese Etymologie aufgestellt. Leider ist sie in
dieser allgemeinen Fassung insofern wenig wert, als sowohl das
Verbum ran- als das Substantiv rana in mehreren, erheblich von-
einander abweichenden Bedeutungen vorkommt und es gerade von
Wichtigkeit wäre zu wissen, wie diese verschiedenen Differenzie-
rungen zu verstehen sind. Was die Verbalwurzel ran anbelangt,
so könnte sie recht wohl auch mit ram- in Beziehung gesetzt werden,
indem ranati (I. Kl.) entsprechend minati (anstatt minäti) aus einem
ß Vgl. Deutsche Literaturzeitung 1915, Nr. 45, col. 2297.
5) Wie sich K. E. Neumann den Begriff der aranä vorgestellt hat, wird sich
wohl aus seiner Übertragung von Ma.jjh. 139 (Arana-vibhanga-sutta), ed. PTS.
vol. III, p. 230 ff. im dritten, z. Z. im Druck befindlichen Bande seiner Übersetzung
des Majjhima-nikäya ergeben. — Ferner findet sich der Ausdruck aranä-sampanna
in Mahävastu ed. Senart, vol. II, p. 2921T.
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Nacht“ (Pet. Wb.), dann „Morgenröte“, „Morgenstern“ (Apte), ein-
gesetzt wurde, trotz des Widersinnes, der darin enthalten ist, daß
die Venus gleichzeitig mit der Milchstraße sichtbar sein soll. Man
wird aber diesen lapsus calami des hochverdienten Bahnbrechers
der sanskrit-tibetischen Studien um so eher entschuldigen, als doch
selbst Böthlingk, Gowell und Max Müller nichts mit dem so be-
fremdenden Terminus anzufangen wußten1) und selbst heute noch,
wo doch dessen Bedeutung auch von der neueren europäischen
Forschung — Feer, Speyer, Mrs. Rhys Davids2) — zur Genüge
festgestellt ist, ein Indologe, dem allerdings die gesamte einschlägige
Literatur entgangen zu sein scheint, sich auf die Wiedergabe jenes
Wortes mit „Lustlosigkeit“ versteift. Indessen kann er sich wenigstens
auf ein Argument zur Stütze seiner Auffassung berufen, indem er
sagt: „rana heißt schon im Rgv. 'Lust’“. Leider unterläßt er es
aber, sich darüber zu äußern, wie er dazu kommt, den Sprach-
gebrauch des Rgveda als maßgeblich für den des buddhistischen
Sanskrit zu betrachten. So wenig wir also Veranlassung hätten,
diese Auffassung in den Bereich der Möglichkeit zu ziehen, zumal
da sie sich in einem diametralen Gegensatz zu der tatsächlichen
Bedeutung des Ausdrucks befindet, möge zum Schluß noch dieses
einzige Argument, das Franke zugunsten seiner Auffassung anzu-
führen in der Lage ist, auf seine Triftigkeit untersucht werden.
Der Versuch, ai. rana- von der Wurzel ran abzuleiten, ist so
naheliegend, daß man sich wundern müßte, wenn er nicht allge-
mein als berechtigt anerkannt wäre. Tatsächlich hat schon Bopp,
Glossarium3 s. v. diese Etymologie aufgestellt. Leider ist sie in
dieser allgemeinen Fassung insofern wenig wert, als sowohl das
Verbum ran- als das Substantiv rana in mehreren, erheblich von-
einander abweichenden Bedeutungen vorkommt und es gerade von
Wichtigkeit wäre zu wissen, wie diese verschiedenen Differenzie-
rungen zu verstehen sind. Was die Verbalwurzel ran anbelangt,
so könnte sie recht wohl auch mit ram- in Beziehung gesetzt werden,
indem ranati (I. Kl.) entsprechend minati (anstatt minäti) aus einem
ß Vgl. Deutsche Literaturzeitung 1915, Nr. 45, col. 2297.
5) Wie sich K. E. Neumann den Begriff der aranä vorgestellt hat, wird sich
wohl aus seiner Übertragung von Ma.jjh. 139 (Arana-vibhanga-sutta), ed. PTS.
vol. III, p. 230 ff. im dritten, z. Z. im Druck befindlichen Bande seiner Übersetzung
des Majjhima-nikäya ergeben. — Ferner findet sich der Ausdruck aranä-sampanna
in Mahävastu ed. Senart, vol. II, p. 2921T.