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Driesch, Hans; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1918, 11. Abhandlung): Die Beschaffenheit des hoechsten Objekts — Heidelberg, 1918

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https://doi.org/10.11588/diglit.37673#0025
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Die Beschaffenheit des höchsten Objekts.

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Die verschiedenen Klassen der Tiere verhalten sich alle m
höherem oder geringerem Grade wissend, aber denn doch in
ganz anderer Weise, als wir es von anderen wissenden Menschen
kennen. Zum Teil mag es sich da um bloße, freilich recht er-
hebliche, Gradunterschiede handeln, zum Teil, nämlich bei allen
sogenannten Instinkten, aber handelt es sich sicherlich um
etwas ganz andersartiges. Wir verstehen das nicht, aber wir
wissen, daß es da ist, so wahr Wissen überhaupt da ist.
Und nun endlich das sogenannte vegetative Leben, wie
Physiologie und Entwicklungsphysiologie es untersuchen: schon
rein wissenschaftlich ließ sich die Entelechie in positiver Weise
nur durch Gleichnisse aus der Psychologie beschreiben. Wird
nun metaphysisch alles Wissens-,,artige" zum Ausdruck von Wissen
als Urbeziehung des Wirklichen schlechthin, so wird auch der
Inhaltsreichtum des höchsten Gegenstandes gerade durch die
eigentliche Biologie in ganz ungeheurem Maße vermehrt.
Gewußtes Wissen in großer, freilich unverstandener, Mannig-
faltigkeit ist es, um das es sich auch hier handelt, ja, höher als
das gewußte menschliche Wissen ist in gewissem Sinne das ge-
wußte Wissen, von dem jetzt die Rede ist, denn es ist,,primäres",
d. h. nicht von dem, was im engeren Sinne ,,Erfahrung" heißt,
abhängiges Wissen.
ln der Lehre von aller über persönlichen Ganzheit end-
lich, also in Phylogenese und Geschichte, soweit sie echt ent-
wicklungshafte und nicht nur /cMTnHMRce Geschehnisse sind,
treffen wir ahnend das gewußte Wissen in seiner allerhöchsten
Form. Das Überpersönliche Moment im personalen mensch-
liche;! Wissen, das sittliche und ästhetische Schauen zumal, läßt.
uns sogar vielleicht einen mehr als nur ahnenden Blick tun. Daran
freilich, Überpersönliches im eigentlichen Sinne seiner allgemeinen
Bedeutung nach zu verstehen, hindert grundsätzlich die per-
sonale Bewoßtseinszerspaltung. Würden die parapsychischen
Phänomene, um die sich jetzt so viele mit Ernst bemühen, einst
wirklich gesichertes Gut der Wissenschaft werden, vielleicht
sogar bis dahin, daß Jedem eine Sprengung der personalen Fesseln
des Wissens möglich wäre, dann würde ein Wandel geschaffen
sein — (der bedeutsamste Wandel für die Geschichte des mensch-
iichen Wissens, der sich überhaupt denken läßt) —, dann würde
das Wissen als LTbeziehung des Wirklichen im personalen wissen-
den Menschen gleichsam zu sich selbst gekommen sein.
 
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