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Hausrath, August; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1918, 2. Abhandlung): Achiqar und Aesop: das Verhältnis der orientalischen zur griechischen Fabeldichtung — Heidelberg, 1918

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https://doi.org/10.11588/diglit.37664#0047
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Achiqar und Aesop.

Stesichorus die Himeräer vor Phalaris, mit der anderen Sulun die
Athener vor Pisistratus gewarnt. Auch die Geschichte vom Esel
aus Kyme, der in der Löwenhaut einherstolzierend nur die Toren
schreckt, stammt aus alter Zeit.
I n allen diesen Geschichten strömt eine su urwüchsige Fülle
von Poesie und volkstümlicher Weisheit in frohem Behagen dahin,
daß eine Beeinflussung durch die nüchterne Fabulistik des Orients,
die die praktische Nutzanwendung der Lehre kaum umkleidet,
undenkbar erscheint. Dieser Eindruck bleibt bestehen, auch wenn
zuzugeben ist, daß in Einzellallen orientalische Motive in der
griechischen Fabeldichtung frühzeitig Verwendung gefunden haben,
ich habe selbst schon vor Jahren hervorgehoben1, daß die Rolle,
die in dem oben angeführten und anderen ältesten Aesopmärchen der
Mistkugeln ballende κάν&αρος spielt, auffällig mit der des Skarabäus
in ägyptischen Geschichten übereinstimmt. Ebenso habe ich in
der Legende von der Haubenlerche, die vor Erschaffung der Welt
dem Vater, den sie nirgends sonst beisetzen konnte, im eigenen
Kopfe eine Grabstätte schuf — so schon bei Aristophanes Aves
475 — ,,unhellenisch anmutende Phantastik“ anerkannt und es
auch als auffällig bezeichnet, daß die Mehrzahl der Quellen die
Heimat Aesops außerhalb Griechenlands — in Phrygien, L3Tien,
Thrakien — suche. Crusius2 nennt die xm^aposgeschichten eine
,,wohl aus Kyrene herübergeflogene Märchen- und Fabelsippe“
und sagt weiter: ,,in der Figur des Halbbarbaren Aesop bekennen
die Schöpfer der Legende, daß vielerlei Witz und Weisheit über
die Grenzen herübergewandert sein mag; seit den Funden von
Elephantine können wir das mit Händen greifen.“ Gerade das
letztere muß ich nach genauester Prüfung der Achiqarfragmente
bestreiten, die keinerlei Beziehungen zu den Aesopica haben. Ein-
zelne Motive mögen bei den engen Handelsbeziehungen3 von
Kyrene, Ägypten, dem Orient überhaupt, „herübergeflogen“ sein,
gelegentlich auch eine dort besonders reizvoll ausgearbeitete Er-
zählung ganz übernommen worden sein. Mit Recht sagt Wend-
land4: „Der Erkenntnis, daß besonders in den volkstümlichen
1 R. E. VI 1723 Zeile 65, 1727 Zeile 58, 1708 Zeile 25.
2 A. a. 0. S. XVII. XVIII.
3 Vgl. Keller S. 357. 58.
4 Ilbergs N. Jahrb. XXX (1917) S. 10. Über internationales Gut
in der Odyssee vgl. Radermacher, Sitzungsberichte der Wiener Akad. d.
W. Bd. 178 (1915) S. 95.
 
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