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Driesch, Hans [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1918, 3. Abhandlung): Logische Studien über Entwicklung, 1 — Heidelberg, 1918

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https://doi.org/10.11588/diglit.37665#0017
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Logische Studien über Entwicklung.

17

die ,, Entelechie" — falls nicht die Phyiogenesis einen Schritt
weiter tat.
Alle entelechial bestimmte Ontogenesis aber ist (nicht-maschi-
nelle) Evolution; freie Phyiogenesis wäre ,,Epigenese", d.h. grund-
sätzlich Unbestimmtes.
Wir haben schon oben (Seite 9) gesagt, daß, wenn man in
dieser Weise Ontogenie durch eine daseiende, ein ITe^e/z habende
Entelechie bestimmt sein läßt, eigentlich nur das zeitlich sukzessive
Sicheinpressen der Entelechie in die Alaterie ,,Entwicklung" sei,
daß aber nicht Entelechie selbst sich entwickle: Aus einem Da-
seienden fließt der zeitliche Prozeß des Nocheinmal-daseins (näm-
lich des Daseins in materieller Bindung).
Wer vorbestimmte Phylogenie lehrt, muß für sie alles
ebenso ansehen: Daseiende, ein lTa$eM habende überpersönliche
Entelechie kommt noch einmal zum Dasein in Form des sich in
der Zeit ausgestaltenden, materiell gebundenen Stammbaums.
Die Gedankengänge des Neuplatonismus und Spinozismus sind
hier, auf beschränktes Gebiet übertragen, anwendbar.
Nicht so bei freier Phylogenie: Da vielmehr ,,ist" ein
immaterielles überpersönliches Etwas ohne ,,Wesen"; das wird
sein Wesen in geheimnisvoller, gänzlich unverständlicher Art durch
sein Sich-einpressen in Materie; es hat immer nur ,,Wesen", inso-
weit cs die Einpressung leistete; jede neue Einpressung ändert
das, was an ihm von,,Wesen" da ist, im Sinne einer Bereicherung.
Gänzlich dunkel bleibt die Hauptsache bei bevden möglichen
Auffassungen der Phylogenie. Bei vorbestimmter Phylogenie
bleibt die Frage offen: ,,Warum bleibt die daseiende überpersön-
liche Entelechie nicht, was sie in ihrer Reinheit ist ?", wo doch die
Einpressung in die Alaterie alle Reinheit trübt. Bei freier Phylo-
genie möchte man sagen, daß ja nur durch Einpressung in die
Alaterie das überpersönliche Etwas ein Wesen bekommt, und daß
es dieses ,,wolle"; da fällt wenigstens die Trübung von Reinheit
hinweg; aber sonst bleibt hier alles für das menschliche Denken
grundsätzlich ganz besonders geheimnisvoll.
Alan sieht es: die weitere ATrfolgung der Probleme der Phylo-
genie (und ebenso der Geschichte) würde geradenwegs in eine
Theologie* hinein führen.
^ Hierzu S. 336 bis Ende.
 
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