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Driesch, Hans [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1918, 3. Abhandlung): Logische Studien über Entwicklung, 1 — Heidelberg, 1918

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https://doi.org/10.11588/diglit.37665#0018
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18

HANS DRIESCH:

4. Eine besondere Form des Dualismus.
Jede ,,freie" Entwicklung (= nichtmaschinelle Evolution)
eines wäre Entwicklung ohne Ziel, weil ohne
,,Wesen", weil nicht aus einem ,,Wesen" folgend. Jede bestimmte
Entwicklung würde aus einem Wesen folgen und ein Ziel haben,
und zwar wäre ,,Ziel" hier gleich vollendete Wesensabbildung in
einem anderen (empirisch: in der Materie).
Jede durch ein ,,Wesen" bestimmte Entwicklung setzt also
Zwei voraus: das lEg^ezz und irgend ein Azideres, mit Rücksicht
auf das sich das Wesen ab bildet. Empirisch ist das Andere die
Materie. Aietaphysisch mag man als ,,Anderes" denken, was
einem beliebt, mag auch das Andere aus dem EEc^e/z stammen
lassen; dann wäre gleichsam latente Andersheit in dem ,,Wesen"
gewesen, ehe sie hervortrat. In diesem Sinne verfährt auch die-
jenige Gotteslehre, welche meist ,,Pantheismus" genannt wird,
aber besser emanatorischer Theismus heißen sollte, weil
Gott, wie etwa bei SpiNOZA, hier doch als ein habend
gedacht istL Gott braucht im Sinne dieser Lehre, auch wenn
das nicht ausdrücklich gesagt wird, irgend eine Andersheit um
aus einer Wirklichkeitsphase (natura naturans) in die andere
(natura naturata) zeitlos übergehen zu können im Sinne entwick-
lungshafter Abbildung: er ,,wirkt" entwicklungshaft auf den ,,Stoff"
als das Andere, im allgemeinsten nicht-empirischen Sinne der
Worte ,,wirken" und ,,Stoff". War der Stoff als in ihm gleichsam
angelegt gedacht, so war er selbst nie sein Wesen allein, sondern
auch das ,,Andere". Er verändert wirkend den Stoff in einem
Sinne, der für das, was sich am Stoffe ausprägt, als nichtmaschinelle
Entwicklung erscheint.
Dieser ,,Dualismus" steht neben dem DuMEmus als Lehre
von der Ganzheit und Unganzheit E Ja, der erste Dualismus, die
bloße Lehre von ,,den Zweien" könnte ohne den zweiten Dualismus
bestehen und täte es dann, wenn die entwicklungshafte AVesens-
abbildung, die natura naturata, das Wesen rein, und nicht, wie
im Empirischen, zufallsdurchsetzt abbildete, was denkbar ist.
Beim echten Pantheismus^, als der Lehre vom sich,,frei"-
machenden Gotte ist alles anders: Ein ist nicht da, wird

1 S. 119, 347.
2 lEfr/üicMeüsLAre 8. 265 ff.
3 Ebenda S. 344 ff.
 
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