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Gustav Neckel:
Ist es richtig, daß Odin als Anführer der Götter den Freyr
verdrängt hat, so erklärt dies, warum die Muspellssöhne in der
Völuspä als Begleiter des Wolfes (med freka) auftreten. Der
Wolf ist der Gegner Odins, also sind die Muspellssöhne, die mit
ihm kommen, die Gegner von Odins Mannen, die 'gegen den Wolf’
ausziehen (Grimn. 23,6). Das ist nur folgerecht, sobald man
Odin zum Götteranführer gemacht hatte, denn die Muspellssöhne,
die dem Surt folgten, waren ja die Gegner des von Freyr geführten
Götterheeres. Die Formel 'die Muspellssöhne kommen mit dem
Wolf zusammen’ erschöpfte also ursprünglich die Götterfeinde im
gleichen Sinne wie die Formel 'die Muspellssöhne kommen mit
Surt’. Daher muß jene Formel älter sein als die Völuspä, aus deren
erkennbaren Tendenzen sie sich ja auch nicht ableiten läßt. Sie
bleibt noch auf dem Boden der Vorstellung, daß die Muspellschar
durch die Luft kommt, denn der Wolf, als ursprünglicher Sonnen-
verschlinger, ist auch ein Luftwesen. Die Völuspä zieht dann
beide, Wolf und Muspellssöhne, vom Himmel herab in ihr Dämo-
nenschiff, für das sie eine charakteristische Bemannung braucht.
Über den Kampf Freys mit Surt läßt sich noch mehr sagen.
Daß seine Parteien sind Freyr und das Asenheer auf der
einen, Surt und die Muspellssöhne auf der anderen Seite, wird
bestätigt durch die einander entsprechende Rüstung der Parteien.
Die Äsen rücken nämlich ebenso zu Pferde aus wie ihre Gegner
(Fäfn. 15, vgl. Hüsdräpa und Snorri), und Freyr, der 'Beste der
ballridar (Lok. 37), besitzt, wie die Sklrnismäl noch wissen (Str.
8f.), und wie das Vorkommen heiliger Rosse dieses Gottes bestätigt,
ein wunderbares Roß, das der 'dunklen (myrkvan) Waberlohe’ zu
trotzen vermag. Also zwei leuchtende Reiterscharen stürmen in
der Luft — auf Vigriör — gegeneinander. Da lag es nahe, was
von der einen Schar erzählt wurde, auf die andere zu übertragen:
wie in den Fäfnismäl die Himmelsbrücke unter den Hufen der
Götterrosse zerbricht — als böses Vorzeichen —, so bei Snorri
unter den Muspellreitern — als Beginn der Zerstörung1. Weder
Odins und Vidars Kampf mit dem Wolf noch Thors Kampf mit
der Weltschlange passen zu diesem Bilde. Thor reitet niemals,
sondern geht meist zu Fuß, und so natürlich auch hier; wir haben
uns wohl zu denken, daß er der landwärts strebenden Feindin
in die steigende Flut entgegenwatet. Und da Vidar, der den
1 Olrik 1, 49 N. ist wie gewöhnlich ungerecht gegen Snorri.
Gustav Neckel:
Ist es richtig, daß Odin als Anführer der Götter den Freyr
verdrängt hat, so erklärt dies, warum die Muspellssöhne in der
Völuspä als Begleiter des Wolfes (med freka) auftreten. Der
Wolf ist der Gegner Odins, also sind die Muspellssöhne, die mit
ihm kommen, die Gegner von Odins Mannen, die 'gegen den Wolf’
ausziehen (Grimn. 23,6). Das ist nur folgerecht, sobald man
Odin zum Götteranführer gemacht hatte, denn die Muspellssöhne,
die dem Surt folgten, waren ja die Gegner des von Freyr geführten
Götterheeres. Die Formel 'die Muspellssöhne kommen mit dem
Wolf zusammen’ erschöpfte also ursprünglich die Götterfeinde im
gleichen Sinne wie die Formel 'die Muspellssöhne kommen mit
Surt’. Daher muß jene Formel älter sein als die Völuspä, aus deren
erkennbaren Tendenzen sie sich ja auch nicht ableiten läßt. Sie
bleibt noch auf dem Boden der Vorstellung, daß die Muspellschar
durch die Luft kommt, denn der Wolf, als ursprünglicher Sonnen-
verschlinger, ist auch ein Luftwesen. Die Völuspä zieht dann
beide, Wolf und Muspellssöhne, vom Himmel herab in ihr Dämo-
nenschiff, für das sie eine charakteristische Bemannung braucht.
Über den Kampf Freys mit Surt läßt sich noch mehr sagen.
Daß seine Parteien sind Freyr und das Asenheer auf der
einen, Surt und die Muspellssöhne auf der anderen Seite, wird
bestätigt durch die einander entsprechende Rüstung der Parteien.
Die Äsen rücken nämlich ebenso zu Pferde aus wie ihre Gegner
(Fäfn. 15, vgl. Hüsdräpa und Snorri), und Freyr, der 'Beste der
ballridar (Lok. 37), besitzt, wie die Sklrnismäl noch wissen (Str.
8f.), und wie das Vorkommen heiliger Rosse dieses Gottes bestätigt,
ein wunderbares Roß, das der 'dunklen (myrkvan) Waberlohe’ zu
trotzen vermag. Also zwei leuchtende Reiterscharen stürmen in
der Luft — auf Vigriör — gegeneinander. Da lag es nahe, was
von der einen Schar erzählt wurde, auf die andere zu übertragen:
wie in den Fäfnismäl die Himmelsbrücke unter den Hufen der
Götterrosse zerbricht — als böses Vorzeichen —, so bei Snorri
unter den Muspellreitern — als Beginn der Zerstörung1. Weder
Odins und Vidars Kampf mit dem Wolf noch Thors Kampf mit
der Weltschlange passen zu diesem Bilde. Thor reitet niemals,
sondern geht meist zu Fuß, und so natürlich auch hier; wir haben
uns wohl zu denken, daß er der landwärts strebenden Feindin
in die steigende Flut entgegenwatet. Und da Vidar, der den
1 Olrik 1, 49 N. ist wie gewöhnlich ungerecht gegen Snorri.