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Neckel, Gustav; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1918, 7. Abhandlung): Studien zu den germanischen Dichtungen vom Weltuntergang — Heidelberg, 1918

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https://doi.org/10.11588/diglit.37669#0024
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Gustav Neckel:

senna, Muspellz lydir die Völuspä, die Handschriften der Snorra
Edda bieten Muspellz synir und Muspellz megir, auch letzteres
offenbar nach poetischer Überlieferung.
Außerhalb des Ragnarökzusammenhanges begegnet Muspell bei
Snorri auch in der Verbindung Muspellz heimr — die südliche
Feuerwelt — und für sich als Muspell, was ebenfalls die südliche
Feuerwelt bezeichnet, jedoch in dem Satze pat ä Muspell, 'das
(das Schiff Naglfar) besitzt Muspell’, eher wie ein Personenname
aussieht.
Auch dieses Material ist für uns wichtig. Wir werden es uns
daher nicht von vornherein verringern, indem wir es großenteils
für das wertlose Erzeugnis unwissender oder nachlässiger Ab-
schreiber erklären. Auch wenn die Ansicht, daß die Uppsalaer
Handschrift in engen Beziehungen zu 'Snorris Handexemplar’
stehe und dem 'gemeinen Text’ bei weitem überlegen sei, sich auf
bessere Gründe stützen könnte, als es der Fall ist, vermöchte
dieses Verfahren nicht zu überzeugen. Hält man den Länder-
namen Muspell für ein Mißverständnis von Muspellzheimr, in dem
ein Personenname stecken müsse, so wird man nicht umhin kön-
nen, auch in dem Satze von U: Fyrst var pö Muspellzheimr sä
er svä heitir, 'im Anfang war das sogenannte Muspellsheim’, ein
Mißverständnis anzuerkennen, denn auch dieser Schreiber hat
in Muspellz- keinen Personennamen gesehen, sondern wie sä er
svä heitir zeigt, den Ausdruck merkwürdig und unklar gefunden.
Diese Unklarheit kann aber darauf beruht haben, daß man Muspellz
als einen jener epexegetischen Genetive empfand, die in der Poesie
nicht selten sind1. Eben diese Auffassung liegt auch der gemeinen
Lesart zugrunde, die also inhaltlich weder besser noch schlechter
ist als die von U. Formal aber ist sie entschieden vorzuziehen.
Und wäre der Satz pat ä Muspell, 'das besitzt M.’, entstellt aus
pat eiga Muspellz megir, 'das besitzen Muspells Söhne’, so müßte
es wundernehmen, daß der durchweg ausführlichere Text R und
Genossen hier kürzt. Dagegen wäre U wohl zuzutrauen, daß er für das
seltene Muspell sein beliebtes Muspellz megir einführte. Muspell läßt
sich aber auch hier, wie mir scheint, befriedigend erklären. Der
Satz pat ä Muspell umschreibt ein von den gelehrten Isländern
überkommenes Muspellz skip, 'Muspells Schiff’, eine Bezeichnung
des Schiffes Naglfar, clie sehr wohl denkbar ist, denn in der Völuspä

1 Detter-Heinzel, Edda 2, 23f.
 
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