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Littmann, Enno [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1918, 8. Abhandlung): Das Malerspiel: ein Schattenspiel aus Aleppo — Heidelberg, 1918

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https://doi.org/10.11588/diglit.37670#0009
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nun. unser „Maierspicl" wirklich auf der Schattenbühne auf-
geführt wurde und nicht ein von dem Aufzeichner nur literarisch
für das Schattentheater bearbeitetes Volksschauspiel ist, so ist
tu. E. der Schluß unvermeidlich, daß wir hier eine Entwicklung von
Karagöz zum Ibis des Schattenspiels über Kämil (bzw. Kavuklu-
1 bis, den Narren des Orta ojunu) vor uns haben, daß also das
Schattenspiel zum Volksschauspiel und dies wieder zum Schatten-
spiet geworden ist. Wir hätten also einen neuen Falt von „ge-
schichtlicher Entwickelung in Weltenlinien", wie sie sich in
Sprache, Schrift und auf so vielen anderen Gebieten mensch-
lichen Kulturlebens beobachten läßt. Es handelt sich hier dann
um die Entwicktung und Umwandlung des Theaters als solchen,
nicht um eine bloße Entlehnung von Stoffen aus der Literatur
für die eine oder andere Bühne, wie sie ja sehr häutig vorkommt.;
solche für die Schattenbühne „übernommenen Stoffe" sind von
JACOB (T/o'/bCseAe 1, S. 51.ff.) besprochen.
Andererseits hat das „Malerspiel" in der Art, wie es hier
aufgezeichnet ist, auch gewisse Beziehungen zur türkischen Volks-
erzählungskunst. Der türkische Volkserzähler heißt Vfc&MA.
Dies Worl stammt aus dem Arabischen und bedeutet ursprünglich
„Lobpreiser". In WETZSTEINS Schilderung des Marktes von Da-
maskus (Zehsc/ov/7 der Dendacde/z GeaeMacAu/f,
Bd. 11, S. 483, Anna) heißt es „der meddäh, singende Bettler oder
bettelnde Sänger". SNOUCK HuRGRONjE spricht in seinem Werke
über Mekka 11, S. 2 von den Nc/mA/ahm [d. i. Bettler] oder
[Lobpreiser], deren Lied oder frommer Ausruf sich
fast immer an den Schöpfer richtet. Ohne weiteres ist die
Bedeutungsentwickelung vom „singenden Bettler" zum „Volks-
erzähler" nicht verständlich. Das wird sie erst, wenn man
genauer untersucht, wa.ts sie singen. Dazu hatte ich im Jahre
1.912 in Cairo Gelegenheit. Ich zeichnete dort ein langes Meddäh-
Eied auf, das bei den Festen des ägyptischen Nationalheiligen
Ahmed il-Bädawi von den Bänkelsängern vorgetragen wird. In
ihm werden die Taten des Heiligen und sein ganzes Leben
erzählt.; es ist eines der ganz wenigen Stücke rein epischer
Poesie in irgendeiner semitischen Sprache. Der Meddäh loht
also nicht, wie WETZSTEIN noch annahm („ein schönes Loblied
öffnet Herzen und Beutel"), den Spender der Gabe, sondern er
preist die Taten der heiligen Helden. Darin gleicht er also ganz
den alten dpeicAbYot, auf die mich B. REiTZEXSTEix freundlichst
 
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