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Pagenstecher, Rudolf; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 1. Abhandlung): Über das landschaftliche Relief bei den Griechen — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37678#0013
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I. Das vorhellenistische Relief und die Landschaft.
Die griechische Skulptur erwächst aus dem Kultus. Das
Bild des Gottes, das dem Gott geweihte Bild des Siegers, das
Bild des Toten sind die Wurzeln, aus denen alle plastische Betäti-
gung entspringt. Völker, die ihre Gottheit nicht unter dem Bild
des Menschen verehren, besitzen keine Großplastik: Kreter und
Israeliten, die ersten Christen und die Völker des Islam1. Und
wie die Rundplastik ihren Ursprung im Dienst der Götter
findet, so steht das Relief in unmittelbarem Zusammenhang mit
der religiösen Architektur.
Das griechische Relief ist nicht von Anfang an architekto-
nisch, aber es empfängt sehr bald seine bindenden Gesetze von
der Architektur.
In der kretisch-mykenischen Kunst wird das Relief nur durch
diejenigen Grenzen beschränkt, welche auch der Malerei gezogen
sind. Innerhalb dieser Grenzen gibt es nichts, dessen sich der
Reliefkünstler nicht bemächtigen dürfte.
Die archaische griechische Kunst steht fast ausschließlich
im Dienst der Gottheit, das Relief im Dienst der der Gottheit
geweihten Architektur. Der Naturalismus, der jeder archaischen
Kunst eigen ist2, muß sich den Bedingungen der Architektur
unterordnen. Die Beziehung zwischen dieser und der Plastik
kann immer nur architektonischer Natur sein3. Der Inhalt des
Reliefs ist erzählender Art, seine künstlerische Funktion jedoch
besteht in der Unterstützung der großen Linien des Bauwerks4.
1 Vgl. vorläufig Geffcken, Archiv für Relw. XIX 1918 S. 292ff., über
die antiken Gedanken zur menschengestaltigen Darstellung der Götter.
2 Loewy, Die Naturwiedergabe in der älteren griechischen Kunst S. 14 ;
Scheffler, Der Geist der Gotik S. 55.
3 Hildebrand, Das Problem der Form, 4. Auf]. S. 107.
4 Der statische Aufbau der Menschengestalt ist der Horizontalen des
Frieses völlig untergeordnet und wirkt innerhalb der Architektur tektonisch,
nicht nur dekorativ; vgl. O. Wulff, Ztschrft. für Ästhetik usw. XII 1917
S. 195 f. gegen H. Wölfflin, Kunstgeschichtliche Grundbegriffe. Schon deut-
lich ausgebildet am Fries des Tempels von Prinias: Annuario italiano di
Atene I 1914 Taf. V und VI.
 
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