Über das landschaftliche Relief bei den Griechen.
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in den genannten Friesen vor uns, ohne daß wir der Malerei hier
die Führung zuzuerkennen brauchten27.
Das Wichtigste ist, daß beide Friese nicht als im eigentlichen
Sinn architektonisch angesprochen werden können. Der von
Gjölbaschi dient lediglich als Dekoration einer sehr unarchitek-
tonischen Mauer, und der vom Nereidenmonument ist zwar der
obere Abschluß des Unterbaues, aber ohne Zusammenhang mit
der Architektur des Grabtempels auf dessen Höhe28. Immerhin
würde helladische Kunst auch an dieser Stelle sich kaum die
gleichen Freiheiten herausgenommen haben.
Daß dem griechischen Relief die Landschaft tat-
sächlich nicht fremd ist, daß sie vielmehr nur durch
die an ge deuteten Erwägungen von den meisten Re-
liefs ferngehalten wurde, beweisen uns die Weihreliefs.
Das Weihrelief bemächtigt sich der Landschaft nicht aus
künstlerischen Gründen, sondern um eine Lokalbezeichnung zu
geben. Die Landschaft soll im wesentlichen topographisch wir-
ken. Infolgedessen sind die Mittel, über welche der Künstler der
Weihreliefs bei der Ausgestaltung seines Bildes verfügt, gering,
vor allen Dingen einförmig. Mit der Bezeichnung der Haupt-
gattungen der Weihreliefs: Votive an Pan und die Nymphen, an
Asklepios und Hygieia (wozu auch die übrigen Heilungsvotive
zu rechnen wären) und an heroisierte Verstorbene ist zugleich
ihre Einteilung nach dem Gesichtspunkt der Landschaft gegeben.
Pan und die Nymphen bewegen sich innerhalb ihres Grotten-
heiligtums; Asklepios und Hygieia nehmen die Huldigung der
Gläubigen in ihrem Temenos entgegen, welches durch den heiligen
von der Schlange umwundenen Baum näher charakterisiert
wird; der heroisierte Tote steht neben dem ebenfalls von der
Schlange bewohnten Baum und etwa neben einem Pfeiler, welcher
27 Schreiber selbst hat sich in den „Brunnenreliefs“ gegen zu enge Ver-
knüpfung der Reliefs mit der Malerei gewehrt. Die Rückführung von an-
tiken plastischen Werken auf „Vorbilder der Malerei“ beruht zum großen
Teil auf der verkehrten Identifikation des Begriffes „Malerisch“ mit der
Malerei. „Malerische“ Tendenzen können ein ganzes Zeitalter be-
herrschen und in dessen Plastik zum Ausdruck kommen, ohne daß damit die
Skulptur den Tendenzen der Malerei folgte. Die neuere Kunstwissen-
schaft beginnt nach Wölfflins Vorgang dies immer mehr einzusehen; vgl.
z. B. Paul Franckl; Die Entwicklungsphasen der neueren Baukunst
(1913) S. 139.
28 Vgl. Id. Tiiiersch, Oest. J. H. XI. 1908 S. 48.
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in den genannten Friesen vor uns, ohne daß wir der Malerei hier
die Führung zuzuerkennen brauchten27.
Das Wichtigste ist, daß beide Friese nicht als im eigentlichen
Sinn architektonisch angesprochen werden können. Der von
Gjölbaschi dient lediglich als Dekoration einer sehr unarchitek-
tonischen Mauer, und der vom Nereidenmonument ist zwar der
obere Abschluß des Unterbaues, aber ohne Zusammenhang mit
der Architektur des Grabtempels auf dessen Höhe28. Immerhin
würde helladische Kunst auch an dieser Stelle sich kaum die
gleichen Freiheiten herausgenommen haben.
Daß dem griechischen Relief die Landschaft tat-
sächlich nicht fremd ist, daß sie vielmehr nur durch
die an ge deuteten Erwägungen von den meisten Re-
liefs ferngehalten wurde, beweisen uns die Weihreliefs.
Das Weihrelief bemächtigt sich der Landschaft nicht aus
künstlerischen Gründen, sondern um eine Lokalbezeichnung zu
geben. Die Landschaft soll im wesentlichen topographisch wir-
ken. Infolgedessen sind die Mittel, über welche der Künstler der
Weihreliefs bei der Ausgestaltung seines Bildes verfügt, gering,
vor allen Dingen einförmig. Mit der Bezeichnung der Haupt-
gattungen der Weihreliefs: Votive an Pan und die Nymphen, an
Asklepios und Hygieia (wozu auch die übrigen Heilungsvotive
zu rechnen wären) und an heroisierte Verstorbene ist zugleich
ihre Einteilung nach dem Gesichtspunkt der Landschaft gegeben.
Pan und die Nymphen bewegen sich innerhalb ihres Grotten-
heiligtums; Asklepios und Hygieia nehmen die Huldigung der
Gläubigen in ihrem Temenos entgegen, welches durch den heiligen
von der Schlange umwundenen Baum näher charakterisiert
wird; der heroisierte Tote steht neben dem ebenfalls von der
Schlange bewohnten Baum und etwa neben einem Pfeiler, welcher
27 Schreiber selbst hat sich in den „Brunnenreliefs“ gegen zu enge Ver-
knüpfung der Reliefs mit der Malerei gewehrt. Die Rückführung von an-
tiken plastischen Werken auf „Vorbilder der Malerei“ beruht zum großen
Teil auf der verkehrten Identifikation des Begriffes „Malerisch“ mit der
Malerei. „Malerische“ Tendenzen können ein ganzes Zeitalter be-
herrschen und in dessen Plastik zum Ausdruck kommen, ohne daß damit die
Skulptur den Tendenzen der Malerei folgte. Die neuere Kunstwissen-
schaft beginnt nach Wölfflins Vorgang dies immer mehr einzusehen; vgl.
z. B. Paul Franckl; Die Entwicklungsphasen der neueren Baukunst
(1913) S. 139.
28 Vgl. Id. Tiiiersch, Oest. J. H. XI. 1908 S. 48.