Metadaten

Pagenstecher, Rudolf; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 1. Abhandlung): Über das landschaftliche Relief bei den Griechen — Heidelberg, 1919

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.37678#0035
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Über das landschaftliche Relief bei den Griechen.

27

Die Keramik lehrt uns, daß bereits das dritte Jahrhundert
das idyllische Pmlief — in den bescheidenen Grenzen, welche ihm
die uns allein bekannte Kleinkunst auferlegte — gekannt hat.
Ein vollkommenes landschaftliches Relief ist das kleine
ealenische Medaillon, welches den auf dem Felsboden knienden
gefesselten Eros darstellt65; hinter ihm erhebt sich ein kleiner länd-
licher Altar, an dem er offenbar geopfert werden soll (Taf. 1,1). Der
Hintergrund ist reich ausgestaltet. Rechts scheinen Felsen aufzu-
ragen, neben dem ein zweig- und blattloser Baum seine starken
kurz abgeschnittenen Äste hinüber über den Kopf des kleinen
Gottes zu einer Grotte hinreckt, in welcher auf einem bankartigen
Untersatz ein Bild, am ehesten eine Herme (oder eine Brun-
nenmündung?), sichtbar wird: ein ländliches Heiligtum als Schau-
platz des scherzhaften Opfers66.
Einfacher, als dieses Opfer des Eros ist jenes Bildchen, welches
ich Satyr und Priap genannt habe, obwohl der satyreske Charakter
des Jünglings nur durch das fellartige Mäntelchen bekundet wird67
(Abb. 1.) Im Hintergrund erblickt man eine Priaposherme, neben
ihr einen jungen Baum mit dünnen Zweigen. Vor ihr gießt der
Jüngling das Opfer aus einer Spitzamphora in ein großes auf
dem Boden stehendes Gefäß.
Piermen und kleines Beiwerk sind auch sonst auf calenischen
Schalen vorhanden, doch genügen sie nicht, um das Relief als ein
landschaftliches zu bezeichnen68.
Unterschiede zwischen den zwei Medaillons in der Darstellung
der Landschaft, der Belebung des Plintergrundes sind nicht zu
verkennen. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß ,,das länd-
liche Opfer“ primitiver in der Auffassung ist, als „das Opfer des
Eros“. Man sieht hier noch, wie sich aus der ursprünglich allein
als Beiwerk zugefügten Herme schüchtern reichere Landschaft
entwickelt, wie ein Bäumchen den Hintergrund belebt; und ist
es nicht bezeichnend, daß die Reliefkeramik das landschaftliche,
65 Die ealenische Reliefkeramik (VIII. Ergänzungsheft des Jahrbuchs
1909) Taf. 9 Nr. 70.
66 Eine Terrakotta aus Italien zeigt uns ein Mädchen auf einem Felsen,
in dem sich eine Grotte befindet, welche drei mit Kalathoi bekrönte Büsten,
birgt: Arch. Anz. VII, 1892, S. 104.
67 Cal. Reliefkeramik Taf. 7 Nr. 25b; Abb. 4 auf S. 37.
68 Ebend. Taf. 9, 61c; Taf. 10, 62b; 71b; S. 38, Abb. 15; Arch. Jahr-
buch XXVII, 1912 (Calena), S. 151, Abb. 3; S. 166, Abb. 16. Arch. Jahrbuch
XXXIV, 1919 „Etrurien und Unteritalien“ (Calena II) im Druck.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften