Über das landschaftliche Relief bei den Griechen.
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5. Jahrhunderts nötigt; vielmehr ist es durchaus möglich, ihn
bis in die Mitte des Jahrhunderts hinabzusetzen75. Die eigentüm-
liche Bedeckung des Haares könnte an ein Löwenfell erinnern,
so daß wir Herakles zu erkennen hätten. Die Profilaufnahme
macht gewisse Eigenarten sofort deutlich: das vertikal geglie-
derte Haar über der niedrigen Stirn, die übermäßig kräftige grobe
Nase, der an sie nahe herangeschobene Mund, dessen Lippen stark
vorspringen und besonders kräftig gebildet sind, die flächigen
straffen Wangen. So weit es überhaupt möglich ist, Werke, die
mehr als 150 Jahre auseinanderliegen, miteinander zu vergleichen,
muß gesagt werden, daß in diesem Kopf und dem Relief von
Vasto die gleiche Anschauungsweise vorliegt, ein Grundgesetz der
Auffassung vom menschlichen Antlitz, das weder helladisch noch
ostgriechisch, sondern, wie wir vermuten dürfen, unteritalisch ist.
Furtwängler hat ähnliche Betrachtungen bei einem bekannten
Marmorkopf des tarentinischen Museums angestellt76. Erkennt man
die Möglichkeit der Vererbung von künstlerischen Grundauffas-
sungen innerhalb eng begrenzter Landesteile nicht an, so bleibt
in unserem Falle noch immer die Tatsache bestehen, daß das Re-
lief technisch den unteritalischen Terrakotten am nächsten steht,
und in nichts ein Zeichen seiner Herkunft aus östlicheren Ländern
an sich trägt.
Das Relief von Vasto ist in Unteritalien entstanden und zwar
können wir es nicht für ein typisch hellenistisches Werk erklären.
Der Ernst und die Strenge, welche der herben Gestalt des Mäd-
chens anhaften, sind die Anzeichen einer älteren Epoche, und
scheut man sich, diese schöne Arbeit, die doch alle Kennzeichen
einer von Attika unbeeinflußten bodenständigen individuellen
Kunstübung an sich trägt, aus Rücksicht auf die Entwicklung
helladischer Kunst noch in das vierte Jahrhundert hinaufzusetzen,
so darf man mit ihr doch nicht tiefer als in den Anfang des dritten
hinabgehen.
Um diese Zeit ist also das rein idyllisch-bukolische Relief
geschaffen worden, und die Hirtin von Vasto spricht dafür, daß
75 Über den Konservativismus der unteritalischen Kunst zuletzt Arch.
Anz. 1916, S. 118; wo Literaturangaben. Bulle, Archaisierende griechische
Rundplastik, hat diese Abart des ,,Archaisierens“ nicht erörtert.
76 Furtwängler, Griechische Originalstatuen in Venedig, S. 24, Abb.
vgl. Apulia III, 1912, S. 136 (Gorredo funebre da Canosa), und ,,Apulien“
S. 189, Abb. 132.
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5. Jahrhunderts nötigt; vielmehr ist es durchaus möglich, ihn
bis in die Mitte des Jahrhunderts hinabzusetzen75. Die eigentüm-
liche Bedeckung des Haares könnte an ein Löwenfell erinnern,
so daß wir Herakles zu erkennen hätten. Die Profilaufnahme
macht gewisse Eigenarten sofort deutlich: das vertikal geglie-
derte Haar über der niedrigen Stirn, die übermäßig kräftige grobe
Nase, der an sie nahe herangeschobene Mund, dessen Lippen stark
vorspringen und besonders kräftig gebildet sind, die flächigen
straffen Wangen. So weit es überhaupt möglich ist, Werke, die
mehr als 150 Jahre auseinanderliegen, miteinander zu vergleichen,
muß gesagt werden, daß in diesem Kopf und dem Relief von
Vasto die gleiche Anschauungsweise vorliegt, ein Grundgesetz der
Auffassung vom menschlichen Antlitz, das weder helladisch noch
ostgriechisch, sondern, wie wir vermuten dürfen, unteritalisch ist.
Furtwängler hat ähnliche Betrachtungen bei einem bekannten
Marmorkopf des tarentinischen Museums angestellt76. Erkennt man
die Möglichkeit der Vererbung von künstlerischen Grundauffas-
sungen innerhalb eng begrenzter Landesteile nicht an, so bleibt
in unserem Falle noch immer die Tatsache bestehen, daß das Re-
lief technisch den unteritalischen Terrakotten am nächsten steht,
und in nichts ein Zeichen seiner Herkunft aus östlicheren Ländern
an sich trägt.
Das Relief von Vasto ist in Unteritalien entstanden und zwar
können wir es nicht für ein typisch hellenistisches Werk erklären.
Der Ernst und die Strenge, welche der herben Gestalt des Mäd-
chens anhaften, sind die Anzeichen einer älteren Epoche, und
scheut man sich, diese schöne Arbeit, die doch alle Kennzeichen
einer von Attika unbeeinflußten bodenständigen individuellen
Kunstübung an sich trägt, aus Rücksicht auf die Entwicklung
helladischer Kunst noch in das vierte Jahrhundert hinaufzusetzen,
so darf man mit ihr doch nicht tiefer als in den Anfang des dritten
hinabgehen.
Um diese Zeit ist also das rein idyllisch-bukolische Relief
geschaffen worden, und die Hirtin von Vasto spricht dafür, daß
75 Über den Konservativismus der unteritalischen Kunst zuletzt Arch.
Anz. 1916, S. 118; wo Literaturangaben. Bulle, Archaisierende griechische
Rundplastik, hat diese Abart des ,,Archaisierens“ nicht erörtert.
76 Furtwängler, Griechische Originalstatuen in Venedig, S. 24, Abb.
vgl. Apulia III, 1912, S. 136 (Gorredo funebre da Canosa), und ,,Apulien“
S. 189, Abb. 132.