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Rudolf Pagenstecher:
ungeheuer schnell sich die neuen keramischen Errungenschaften
von Alexandrien über die übrige Welt verbreiteten und selbst in
Südrußland sofort nachgeahmt wurden101, so erhalten wir einen
Begriff von der Leichtigkeit des künstlerischen und kulturellen
Verkehrs zwischen den Küstenländern des Mittelmeeres. Was
Ägypten an neuen Gedanken verbreitete, kann noch in dem gleichen
Jahre in Pergamon in neuem Sinne ausgestaltet worden sein.
Neben Kleinasien kann im frühen Hellenismus gleichberech-
tigt allein Alexandrien gestanden haben. Ist es unmöglich,
und diese Unmöglichkeit haben Sieverings Untersuchungen klar-
gelegt, beide Gruppen zu gleicher Zeit am gleichen
Orte entstanden zu denken, und kann nachgewiesen
werden, daß der Gleichzeitigkeit nichts im Wege steht,
so kann als zweites Zentrum des landschaftlichen Re-
liefs nur Alexandrien in Frage kommen.
Wir müssen also untersuchen, ob die Weiterbildung des
idyllisch-bukolischen landschaftlichen Reliefs über die unter-
italischen Anfänge hinaus in Alexandrien vor sich gegangen ist,
da nach dem Gesagten Kleinasien für diese Richtung der Land-
schaftsdarstellung ausscheidet.
Prinzipiell spricht gegen Alexandrien nichts von dem, was bis-
her gegen diese Stadt vorgebracht werden konnte. Denn nachdem
wir erkannt haben, daß man bei der Menge der landschaftlichen
Reliefs und ihrer deutlichen Scheidung in zwei Serien sehr wohl
Pergamon zu seinem Rechte kommen lassen kann, ist es nicht
mehr notwendig, die etwa von Alexandrien erhobenen Ansprüche
aus diesem Grunde abzulebnen.
Freilich: Nichts von dem, was typisch für alexandrinische
Kunst ist, tritt uns auf den Schreib er sehen Reliefs entgegen.
Es fehlen jene kleinen Hinweise auf Ägypten, die bereits auf
frühhellenistischen ägyptischen Münzen erscheinen, und die die
alexandrinischen Bronzen des beginnenden 3. Jahrhunderts als
ägyptisch kennzeichnen102; es fehlen alle ägyptischen Eigenarten in
Stil und Inhalt, welche die hellenistisch-römische Plastik und
Architektur des Nillandes so seltsam gestalten103; es fehlen alle
101 E. v. Stern, Ein Beitrag zur hellenistischen Keramik, Odessa, 1910,
S. 15 u. ö.
102 Svoronos, Die Münzen der Ptolemäer Taf. 1,5—8; Alexandrinische
Studien S. 41 ff.
103 Expedition Ernst von Sieglin I, Die Nekropole von Kom-esch-
Sehukäfa.
Rudolf Pagenstecher:
ungeheuer schnell sich die neuen keramischen Errungenschaften
von Alexandrien über die übrige Welt verbreiteten und selbst in
Südrußland sofort nachgeahmt wurden101, so erhalten wir einen
Begriff von der Leichtigkeit des künstlerischen und kulturellen
Verkehrs zwischen den Küstenländern des Mittelmeeres. Was
Ägypten an neuen Gedanken verbreitete, kann noch in dem gleichen
Jahre in Pergamon in neuem Sinne ausgestaltet worden sein.
Neben Kleinasien kann im frühen Hellenismus gleichberech-
tigt allein Alexandrien gestanden haben. Ist es unmöglich,
und diese Unmöglichkeit haben Sieverings Untersuchungen klar-
gelegt, beide Gruppen zu gleicher Zeit am gleichen
Orte entstanden zu denken, und kann nachgewiesen
werden, daß der Gleichzeitigkeit nichts im Wege steht,
so kann als zweites Zentrum des landschaftlichen Re-
liefs nur Alexandrien in Frage kommen.
Wir müssen also untersuchen, ob die Weiterbildung des
idyllisch-bukolischen landschaftlichen Reliefs über die unter-
italischen Anfänge hinaus in Alexandrien vor sich gegangen ist,
da nach dem Gesagten Kleinasien für diese Richtung der Land-
schaftsdarstellung ausscheidet.
Prinzipiell spricht gegen Alexandrien nichts von dem, was bis-
her gegen diese Stadt vorgebracht werden konnte. Denn nachdem
wir erkannt haben, daß man bei der Menge der landschaftlichen
Reliefs und ihrer deutlichen Scheidung in zwei Serien sehr wohl
Pergamon zu seinem Rechte kommen lassen kann, ist es nicht
mehr notwendig, die etwa von Alexandrien erhobenen Ansprüche
aus diesem Grunde abzulebnen.
Freilich: Nichts von dem, was typisch für alexandrinische
Kunst ist, tritt uns auf den Schreib er sehen Reliefs entgegen.
Es fehlen jene kleinen Hinweise auf Ägypten, die bereits auf
frühhellenistischen ägyptischen Münzen erscheinen, und die die
alexandrinischen Bronzen des beginnenden 3. Jahrhunderts als
ägyptisch kennzeichnen102; es fehlen alle ägyptischen Eigenarten in
Stil und Inhalt, welche die hellenistisch-römische Plastik und
Architektur des Nillandes so seltsam gestalten103; es fehlen alle
101 E. v. Stern, Ein Beitrag zur hellenistischen Keramik, Odessa, 1910,
S. 15 u. ö.
102 Svoronos, Die Münzen der Ptolemäer Taf. 1,5—8; Alexandrinische
Studien S. 41 ff.
103 Expedition Ernst von Sieglin I, Die Nekropole von Kom-esch-
Sehukäfa.