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Rudolf Pagenstecher:
Daß beide Reliefgattungen gleichzeitig entstanden
sind, haben wir oben zeigen können. Nach allem Ge-
sagten kann die Heimat des idyllisch-bukolischen
Reliefs neben Unteritalien nur Alexandrien sein.
Vielleicht tritt eine Einzelheit des Grimanischen Reliefs mit
der Wölfin bestätigend hinzu: die Grotte. Es ist gewiß kein Zu-
fall, daß wir in den drei großen Schilderungen des Athenaeus von
alexandrinischem Pomp: im Symposion, auf der Thalamegos und
in der Pompe Grotten an hervorragenden Stellen erwähnt finden129.
Das calenische Medaillon zeigt die Grotte als integrierenden Be-
standteil des Landschaftsreliefs bereits im 3./2. Jahrhundert. Von
der römischen Kunst wird sie an gegebener Stelle auf den Cam-
panareliefs übernommen: die Wölfin mit den Zwillingen und
Telephos und die Hirschkuh stehen in einer Grotte, daneben Hera-
kles. Die pergamenische Kunst hat das zweite Motiv anders ge-
staltet130. Die Grotte kann aus ihr nicht entlehnt sein. Wahr-
scheinlich hat Alexandrien hierin entscheidenden Einfluß aus-
geübt.
Noch ein zweites Bild könnte, wenn auch nicht allein, so
doch in diesem großen Zusammenhang für alexandrinischen
Ursprung des idyllischen Reliefs sprechen: das ländliche
Opfer an eine Göttin im Louvre (Reliefbilder LXX). Hinter
dem Vorhang, welcher für den kleinen Altar den Hinter-
grund bildet, erbebt sich eine Säule, auf welcher ein Votivbild
aufgestellt ist; dieses hat die Form eines Triptychons mit geöffne-
ten Flügeln, in dessen Innern eine jetzt nicht mehr erhaltene
Malerei vorhanden gewesen sein muß. In einem demnächst im
Archäol. Anz. 1919 erscheinenden Aufsatz über den Flügelaltar im
Altertum habe ich — noch ohne Kenntnis des Schreiber sehen
Reliefs — nachgewiesen, daß der Flügelaltar in Ägypten seit
alters sporadisch erscheint und in der griechisch-römischen Zeit
wieder stärker zur Geltung kommt. Frühchristliche ägyptische
Triptycha weisen den Weg. Da ist das Louvrerelief ein hochwill-
kommener Beweis für die Richtigkeit der These und zugleich ein
Zeichen für alexandrinischen Ursprung des Reliefs oder seines
Originals.
329 Studniczka, Das Symposion Ptolemaios II S. 92 ff.; Caspari, Arch.
Jahrb. XXXI, 1916, S. 60.
130 Matz, Athen. Mitt. XXXIX, 1914, S. 65 ff. von Roiiden-Winne-
feld a. a. O. Taf. CXXVII.
Rudolf Pagenstecher:
Daß beide Reliefgattungen gleichzeitig entstanden
sind, haben wir oben zeigen können. Nach allem Ge-
sagten kann die Heimat des idyllisch-bukolischen
Reliefs neben Unteritalien nur Alexandrien sein.
Vielleicht tritt eine Einzelheit des Grimanischen Reliefs mit
der Wölfin bestätigend hinzu: die Grotte. Es ist gewiß kein Zu-
fall, daß wir in den drei großen Schilderungen des Athenaeus von
alexandrinischem Pomp: im Symposion, auf der Thalamegos und
in der Pompe Grotten an hervorragenden Stellen erwähnt finden129.
Das calenische Medaillon zeigt die Grotte als integrierenden Be-
standteil des Landschaftsreliefs bereits im 3./2. Jahrhundert. Von
der römischen Kunst wird sie an gegebener Stelle auf den Cam-
panareliefs übernommen: die Wölfin mit den Zwillingen und
Telephos und die Hirschkuh stehen in einer Grotte, daneben Hera-
kles. Die pergamenische Kunst hat das zweite Motiv anders ge-
staltet130. Die Grotte kann aus ihr nicht entlehnt sein. Wahr-
scheinlich hat Alexandrien hierin entscheidenden Einfluß aus-
geübt.
Noch ein zweites Bild könnte, wenn auch nicht allein, so
doch in diesem großen Zusammenhang für alexandrinischen
Ursprung des idyllischen Reliefs sprechen: das ländliche
Opfer an eine Göttin im Louvre (Reliefbilder LXX). Hinter
dem Vorhang, welcher für den kleinen Altar den Hinter-
grund bildet, erbebt sich eine Säule, auf welcher ein Votivbild
aufgestellt ist; dieses hat die Form eines Triptychons mit geöffne-
ten Flügeln, in dessen Innern eine jetzt nicht mehr erhaltene
Malerei vorhanden gewesen sein muß. In einem demnächst im
Archäol. Anz. 1919 erscheinenden Aufsatz über den Flügelaltar im
Altertum habe ich — noch ohne Kenntnis des Schreiber sehen
Reliefs — nachgewiesen, daß der Flügelaltar in Ägypten seit
alters sporadisch erscheint und in der griechisch-römischen Zeit
wieder stärker zur Geltung kommt. Frühchristliche ägyptische
Triptycha weisen den Weg. Da ist das Louvrerelief ein hochwill-
kommener Beweis für die Richtigkeit der These und zugleich ein
Zeichen für alexandrinischen Ursprung des Reliefs oder seines
Originals.
329 Studniczka, Das Symposion Ptolemaios II S. 92 ff.; Caspari, Arch.
Jahrb. XXXI, 1916, S. 60.
130 Matz, Athen. Mitt. XXXIX, 1914, S. 65 ff. von Roiiden-Winne-
feld a. a. O. Taf. CXXVII.