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Schubert, Hans; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 11. Abhandlung): Der Kommunismus der Wiedertaeufer in Muenster und seine Quellen — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37688#0008
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H. von Schubert:

emsteilten, ist fast selbstverständlich, auch wenn die scharfe chilia-
stische Prägung, die Kerssenbroch ihm schon für diese Zeit zu-
schreibt, noch fehlte1.
Selbstverständlich waren die sozialen und namentlich die
politischen Verhältnisse, der Kampf um die Herrschaft in der
Stadt, von Einfluß auf die Entwicklung der ganzen Bewegung.
Die Revolution des Jahres 1525 hatte auch hier in der westfälischen
Hauptstadt Unruhen geweckt, die sich gegen den reichen Klerus,
die Pfaffenherrschaft, die wirtschaftliche Konkurrenz der Klöster
wendeten. Vereinzelt ertönte auch einmal der Ruf aus der Menge:
,, Es ist genug für die Reichen, wenn sie nicht mehr als 2000 Gold-
gulden besitzen.“2 Aber die Artikel, die man durchsetzte,
betrafen fast nur die Abschaffung klerikaler Vorrechte nach
Frankfurter (und Kölner) Vorbild3. Auch rein religiöse evangelische
Einflüsse meldeten sich damals nur erst schüchtern an. Der
rasche Sieg des Evangeliums 1531, das Werk Rothmanns,
war freilich wie anderswo auch ein Sieg der Zünfte und
der Bürgerschaft —. der Gilden und der Gemeinheit, wie man
hier sagte —, auf die sich jener stützte, über den Rat und
das dahinter stehende fürstbischöfliche Regiment. Aber
wenn nun auch der politische Kampf den religiösen begleitet,
der letztere gibt durchaus die Melodie, und bis zu der
genannten Zeit 1533 treten gerade die wirtschaftlichen Fragen
ganz in den Hintergrund. Wenn Kautsky also die Dinge so
hinstellt, als ob die „ursprünglich rein ökonomische Bewegung“
sich nur allmählich religiöser Argumente bediente und nur scheinbar
„eine rein religiöse Bewegung“ geworden sei (S. 235), vollends
wenn er dann die Gütergemeinschaft für „die Grundlage der
ganzen täuferischen Bewegung“ erklärt, um deretwillen „der große
1 S. 419 u. unten. Detmer ist liier S. 418, A3, in der zeitlichen Be-
stimmung unklar. Allerdings hat R. in der ersten Hälfte des Jahres 1533
so noch kaum gepredigt, aber auch nicht erst Anfang 1534, nachdem die
Anhänger des Jan Matthys in Münster die Herrschaft gewonnen hatten,
zur Zeit seiner späteren Schriften, sondern eben in der zweiten Hälfte 1533
zu der Zeit seiner ersten Schrift von den „beiden Sacramenten“, die die
Gütergemeinschaft jedenfalls enthält.
2 Ein quidam Johannes Grote stieb ihn aus, Nie. Holtmann, Hist, sui
temporis, ed. Möhlmann, 1844, S. 29; ausgeschrieben von Kerssenbroch
S. 131.
3 Detmer, a. a. O., S. 8. 17, die Artikel bei Kerssenbroch S. 133ff.
 
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