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Schubert, Hans; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 11. Abhandlung): Der Kommunismus der Wiedertaeufer in Muenster und seine Quellen — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37688#0012
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12

H. von Schubert:

von Franck aui'genommenen Eindrücke am tiefsten verarbeitete
und überhaupt am nachhaltigsten einwirkte, auch auf Rothmann.
Er hatte schon 15301 ein umfangreiches Werk geschrieben, das
uns heute nur aus Bruchstücken in einem Bugenhagenschen Manu-
skript auf der Berliner Bibliothek (Mns. theol. lat., oct. 43) bekannt
ist, Contra (Lutheranos et) totum post apostolos mundum, über dessen
Hauptgedanken uns aber ein von N. F. v. Streitten, einem, seiner
Anhänger, 1532 herausgegöbener deutscher Auszug unterrichtet:
„Göttlicher und heiliger Schrift vor vilen jaren verdunckelt
und durch unheilsame leer und lerer (aus Gottes Zulassung) ver-
finstert Restitution und Besserung.“ Seit den Zeiten der Apostel
also seit 1400 Jahren, ist die Kirche „verstört und verwüstet“. Die
Restitution, von der in Anlehnung an den Vulgatatext von Act. 3,
19 — 21 die Rede ist (in der Predigt Petri im Tempel: poenitemini
et convertimini, ut deleantur peccata vestra: ut cum venerinl tempora
refrigerii a conspectu Domini, et miserit eum, qui praedicatus est
vobis, Jesum Christum, quem oportet quidem caelum suscipere usque
in tempora restitutionis omnium [dTcoxaxaoTaasco^ xocvtcov], quae locu-
tus est Deus per os sanctorum suorum a saeculo Prophetarum —), ist
also die Wiederherstellung des apostolischen Idealzustandes, die
eigentliche volle Reformation anstatt der halben oder verkehrten
Luthers. Indem Rothmann diesen Gedanken als den einen Kern-
punkt aufnahm, sogar bis auf den Titel in seiner zweiten, 1534
erschienenen Schrift (s. u.) wurde Campanus in der Tat „der Vater
der Münsterschen Restitutionsidee, welche so üble Folgen gezeitigt
hat“2. Wir wissen aus einer zufälligen Bemerkung einer Luther-
schen Tischrede aus dem Jahre 1538, daß das eigenhändige Exem-
plar des Campanus in Münster gefunden worden war3.
Aber eben in jenem Grundgedanken war Campanus mit Seb.
Franck ganz eins, und es fragt sich, ob er ihn nicht in dieser scharfen
Ausprägung eben von daher bat. Denn in der Einleitung zu seiner
„Chronik und Beschreibung der Türken“ von 1530 sagt Franck
1 Denn in seinem Brief v. 4. II. 1531 bezieht sich Franck bereits auf
dasselbe und zwar in der deutschen Ausfertigung.
2 Rembert S. 243; vgl. über beide Schriften des Campanus S. 238ff.
3 Luthers Tischreden, ed. Kroker IV, 153 (Lauterbachs Tagebuch 1538):
deinde legit in libro Campani propria manu scripto Munsteri reperto: contra
Lutheranos et omnem post apostolos mundum eiusque miros et monstruosos er-
rores mirante Bucero (der damals gerade in Wittenberg war); illi pessimi
nebulones omnia sua urgent rigide-. (Bugenhagens Auszüge stammen jeden-
falls von hier.
 
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