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Schubert, Hans; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 11. Abhandlung): Der Kommunismus der Wiedertaeufer in Muenster und seine Quellen — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37688#0016
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H. von Schubert:

alle sollten gedenken, daß freilich noch mehr Christen sind, denn
in ihrer neuen Winkelkirche in allen Winkeln der Welt.
Franck ist noch öfters auf den Gegenstand zurückgekommen,
in den Paradoxa1 aus dem Jahre 1534, S. 96b unter der Überschrift
,,Das gemain ist rain, das dein und mein unrain“, in seiner großen
„Deklaration“ an den Ulmer Rat vom Sommer 15352 und am
breitesten in dem nur holländisch erhaltenen Traktat „von der
Gemeinschaft der Heiligen“ aus Francks letzter Zeit3. Man kann
nicht sagen, daß der Gedankenkreis sich wesentlich erweitert hätte.
Auch das Beweismaterial bleibt in der Hauptsache das gleiche.
In der Natur der Sache hegt es aber, daß in der Ulmer Deklaration,
die eine Apologie auch in bezug auf diesen Punkt ist, das Miß-
verständnis am energischsten abgewehrt wird, als ob er „glaub
oder halt, daß man die Güter soll auf einen Haufen tragen, den
Leuten durch die Häuser lauf (Gott soll mich behüten, daß ich
kein Glied sei dieser Gemeinde!), sondern daß in Nöten kein Christ
von seinem Bruder etwas soll verhalten noch seine Hand zuschlie-
ßen“. Er redet hier also nur jener zweiten, uneigentlichen Art des
Täuferkommunismus das Wort und will auch diese nur „auf die
Brüder, die ein Leib und in ein Brod mit uns zermahlen sind“,
angewendet wissen und gar nicht auf die Welt oder die falschen
Christen, „die sich zu Tod nehmen, aber nicht wiedergeben und
gleich wohl unzermahlen gegen uns bleiben, ob wir uns gleich gar
gegen ihn zermahlen“. Also ein freiwillig dienstbar „Herz und
Hand“ und „eine Gemeinschaft ohne Notzwang aus freier Liebe“, so
wie etwa 2 oder 3 Burschen, die nach San Jago oder Jerusalem zie-
hen, notweis aus einem Säckel zehren. Nicht anders sei auch Act. 2
und 4 zu verstehen, von den ersten Christen, die „in Nöten unter
dem Kreuz aus Freiheit und Liebe“ taten, was auch heute wohl
„unter den Feinden in fremden Landen“ geschieht, die übrigens
wie schon aus II. Kor. 8, Iff. 9, Iff. hervorgehe, nicht lange dabei
geblieben seien. Dieser Gedanke fehlt auch in den Parad. S. 409b
1 Paradoxa ducenta octoginta, das ist 280 Wunderred und gleichsam
Rhäterschaft aus der H. Schrift usw.
2 Gründliche anweisung, erleuterung und declaration etlicher puncten
und articulen etc. in den Beitr. zur Gesch. der Mystik in d. Ref. Zt. aus d.
Nachlaß Reglers, hrsgg. von W. Köhler, Arch. f. Ref.-Gesch., Ergänz.-
Band I, S. 140ff., bes. S. 169ff.
3 Besprochen und ausgezogen von Ä. Regler, Seb. Francks Lat. Para-
phrase der deutschen Theol. und seine holländ. erhaltenen Trakt., 1901,
S. 80. 107 ff.
 
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