Der Kommunismus der Wiedertäufer in Münster und seine Quellen. 27
S. 19). Also das Ursprüngliche und Natürliche ist der Gemein-
besitz, wie auch der weiseste der Griechen sagt. Der Greis schließt:
Das wollte ich anführen, da ich ja das Gute tun will, es aber nicht
eher kann, bis ich weiß, was es sei, und ich werde es wissen, wenn
ich erkenne, was schlecht ist. Und er verlangt, daß das von einem
seiner Söhne geschehe, was Clemens denn auch prompt besorgt,
so daß der Vater sich überzeugt erklärt (c. 8 Ende, 10 Anfang)
und sich noch in eine lange Disputation über andere Punkte einläßt.
Dennoch kann er es sich nicht versagen, mit Simon Magus, der
unterdeß angekommen ist, auch zu disputieren. Dieser aber sucht
der vom Kaiser drohenden Verfolgung dadurch zu entgehen, daß
er Faustinians Gesicht in das seinige verwandelt. Allein Petrus
weiß zu helfen: er sendet ihn mit der Simonmaske nach Antio-
chien und läßt den falschen Simon alles widerrufen, was der echte
gegen Petrus und das Evangelium gesagt hat. Nachdem er seinen
Fehltritt wieder gut gemacht, erhält Faustinian sein altes Gesicht
wieder. Mit seiner Taufe schließt feierlich und anmutig das beleh-
rende und zugleich unterhaltende Buch.
In diesem Zusammenhang also begegnet uns jener Passus,
der selbst, ein literarischer Peregrinus Proteus, immer mit anderem
Gesicht durch die Jahrhunderte wandert, menschenbetörend wie
Simon der Magier, hier am Ursprung gerade nicht als christlicher
Wahrheitsspruch, sondern umgekehrt im Munde eines eben erst
zu bekehrenden Heiden als zu widerlegende Philosophenmeinung,
die alle sittlichen Begriffe erschüttert und der Erlaubtheit des
Diebstahls das Wort redet1, im Grunde also hier mehr ein christ-
liches Zeugnis gegen, als für die Gütergemeinschaft.
5.
Wir stehen damit vor der Frage, welcher griechischen Phi-
losophie unsere Sätze ihren Ursprung verdanken. Sie ist zunächst
die Frage nach der Quelle dieser ganzen Disputation Bec. X, 5 — 17
erst de bono et malo, sodann de genesi et providentia. Die lange
Abhandlung über die Mythologie und ihre allegorische Auslegung,
die sich in dem Dialog des Clemens mit Appion von c. 17 — 51
anschließt (= Homilien IV,7—VI, 25), wird mit Recht als einer
1 Den Sachverhalt richtig wiedergegeben hat J. Maüsbach in Hist.-
polit. Blätter 116, 1895 („Der Communismus des hl. Clemens von Rom“),
S. 343 f.
S. 19). Also das Ursprüngliche und Natürliche ist der Gemein-
besitz, wie auch der weiseste der Griechen sagt. Der Greis schließt:
Das wollte ich anführen, da ich ja das Gute tun will, es aber nicht
eher kann, bis ich weiß, was es sei, und ich werde es wissen, wenn
ich erkenne, was schlecht ist. Und er verlangt, daß das von einem
seiner Söhne geschehe, was Clemens denn auch prompt besorgt,
so daß der Vater sich überzeugt erklärt (c. 8 Ende, 10 Anfang)
und sich noch in eine lange Disputation über andere Punkte einläßt.
Dennoch kann er es sich nicht versagen, mit Simon Magus, der
unterdeß angekommen ist, auch zu disputieren. Dieser aber sucht
der vom Kaiser drohenden Verfolgung dadurch zu entgehen, daß
er Faustinians Gesicht in das seinige verwandelt. Allein Petrus
weiß zu helfen: er sendet ihn mit der Simonmaske nach Antio-
chien und läßt den falschen Simon alles widerrufen, was der echte
gegen Petrus und das Evangelium gesagt hat. Nachdem er seinen
Fehltritt wieder gut gemacht, erhält Faustinian sein altes Gesicht
wieder. Mit seiner Taufe schließt feierlich und anmutig das beleh-
rende und zugleich unterhaltende Buch.
In diesem Zusammenhang also begegnet uns jener Passus,
der selbst, ein literarischer Peregrinus Proteus, immer mit anderem
Gesicht durch die Jahrhunderte wandert, menschenbetörend wie
Simon der Magier, hier am Ursprung gerade nicht als christlicher
Wahrheitsspruch, sondern umgekehrt im Munde eines eben erst
zu bekehrenden Heiden als zu widerlegende Philosophenmeinung,
die alle sittlichen Begriffe erschüttert und der Erlaubtheit des
Diebstahls das Wort redet1, im Grunde also hier mehr ein christ-
liches Zeugnis gegen, als für die Gütergemeinschaft.
5.
Wir stehen damit vor der Frage, welcher griechischen Phi-
losophie unsere Sätze ihren Ursprung verdanken. Sie ist zunächst
die Frage nach der Quelle dieser ganzen Disputation Bec. X, 5 — 17
erst de bono et malo, sodann de genesi et providentia. Die lange
Abhandlung über die Mythologie und ihre allegorische Auslegung,
die sich in dem Dialog des Clemens mit Appion von c. 17 — 51
anschließt (= Homilien IV,7—VI, 25), wird mit Recht als einer
1 Den Sachverhalt richtig wiedergegeben hat J. Maüsbach in Hist.-
polit. Blätter 116, 1895 („Der Communismus des hl. Clemens von Rom“),
S. 343 f.