Der Kommunismus der Wiedertäufer in Münster und seine Quellen. 29
kam ein Epikureer schwerlich. Epikur verbot seinen Anhängern
ausdrücklich, das Vermögen zusammenzulegen, denn das sei ein
Zeichen des Mißtrauens und zieme sich gerade unter „Freunden“
nicht: tov te ’E-juxoupov (DioxXvjp cpYjot.) p.yj aEioov zic, to xotvov xaxa-
TL-hEG-bai Tocp ouaioiq xabaxEp tov IIuAayopav xoiva xa cpfXcov Xsyovxa;
ojuotouvtcov yap elvai to toloutov • el S’dauoTtov, ou Se cptXtov.1
Er polemisiert also gegen Pythagoras und zwar gegen das
Wort desselben, das schon in der Antike rasch den Umlauf, die
Abgegriffenheit und Allgemeinheit eines Sprichwortes gewann2 und
auch in den Recognitionen an unserer Stelle als Beweisstück für
den Gedankengang des Vortragenden verwendet wird. Wir befin-
den uns also mit der Wendung zum Motiv der Gütergemeinschaft
in einem anderen Anschauungskreis; ein Sachverhalt, in dem man
immerhin einen Hinweis dafür finden könnte, daß die nun folgen-
den Sätze nicht der der Disputation vielleicht zugrunde liegenden
Sonderquelle angehören; ja man muß sogar die Möglichkeit offen-
halten, daß sie nicht einmal dem Verfasser des Clemensromans,
sondern erst dem Redaktor der Recognitionen im 4. Jahrhundert
zuzusprechen sind.
Also nicht in der Linie Protagoras-Aristipp-Epikur befinden
wir uns, sondern in der: Pythagoras-Plato-Stoa, wobei zu bemerken
ist, daß wenn der Verfasser an Pythagoras gedacht haben sollte,
es der platonisch-stoisch verstandene gewesen sein würde, wie er
in den Viten des Porphyrius und Jamblichus abgeschildert ist.
Aber es ist schon gesagt, daß mit dem sapientissimus quidamGraeco-
rum gewiß nicht der Weise von Kroton gemeint ist, der als Autor
des Wortes communia esse debere amicorum omnia allgemein galt,
sondern Plato, der damit operiert und dem die Ausdehnung des kom-
munistischen Satzes auf die coniugeseigen ist, wenn auch weder ihm
allein noch ihm zuerst3. Man wird in den Sätzen überhaupt nicht
sowohl die präzise Wiedergabe der Meinung eines Einzelnen als
den allgemeinen Niederschlag einer weitverbreiteten und oft ver-
1 Diog. Laert. X, 6 (11). Wenn also Seb. Franck sich im letzten Satz
auch auf Epikur bezieht, so ist das ein Schnitzer, der aber dem vorher zitierten
Erasmus, soweit ich sehe, nicht zur Last fällt.
2 Bei Plato selbst s. unten S. 30. Statt vieler anderer Stellen s. nur
Aristoteles, Pol. II, 2 (xocroc ttjv roxpotpiav), vgl. Erasmus, Adagia (1522),
S. 37, wo darauf hingewiesen wird, daß auch in der latein. Komödie, bei
Terenz der Satz sprichwörtlich gebraucht wurde.
3 Plato, Rep. V, 451 f., vgl. III, 416, bei anderen Ferd. Dümmler, Proleg.
zuPlatos Staat. Kl. Schriften I, 219ff.
kam ein Epikureer schwerlich. Epikur verbot seinen Anhängern
ausdrücklich, das Vermögen zusammenzulegen, denn das sei ein
Zeichen des Mißtrauens und zieme sich gerade unter „Freunden“
nicht: tov te ’E-juxoupov (DioxXvjp cpYjot.) p.yj aEioov zic, to xotvov xaxa-
TL-hEG-bai Tocp ouaioiq xabaxEp tov IIuAayopav xoiva xa cpfXcov Xsyovxa;
ojuotouvtcov yap elvai to toloutov • el S’dauoTtov, ou Se cptXtov.1
Er polemisiert also gegen Pythagoras und zwar gegen das
Wort desselben, das schon in der Antike rasch den Umlauf, die
Abgegriffenheit und Allgemeinheit eines Sprichwortes gewann2 und
auch in den Recognitionen an unserer Stelle als Beweisstück für
den Gedankengang des Vortragenden verwendet wird. Wir befin-
den uns also mit der Wendung zum Motiv der Gütergemeinschaft
in einem anderen Anschauungskreis; ein Sachverhalt, in dem man
immerhin einen Hinweis dafür finden könnte, daß die nun folgen-
den Sätze nicht der der Disputation vielleicht zugrunde liegenden
Sonderquelle angehören; ja man muß sogar die Möglichkeit offen-
halten, daß sie nicht einmal dem Verfasser des Clemensromans,
sondern erst dem Redaktor der Recognitionen im 4. Jahrhundert
zuzusprechen sind.
Also nicht in der Linie Protagoras-Aristipp-Epikur befinden
wir uns, sondern in der: Pythagoras-Plato-Stoa, wobei zu bemerken
ist, daß wenn der Verfasser an Pythagoras gedacht haben sollte,
es der platonisch-stoisch verstandene gewesen sein würde, wie er
in den Viten des Porphyrius und Jamblichus abgeschildert ist.
Aber es ist schon gesagt, daß mit dem sapientissimus quidamGraeco-
rum gewiß nicht der Weise von Kroton gemeint ist, der als Autor
des Wortes communia esse debere amicorum omnia allgemein galt,
sondern Plato, der damit operiert und dem die Ausdehnung des kom-
munistischen Satzes auf die coniugeseigen ist, wenn auch weder ihm
allein noch ihm zuerst3. Man wird in den Sätzen überhaupt nicht
sowohl die präzise Wiedergabe der Meinung eines Einzelnen als
den allgemeinen Niederschlag einer weitverbreiteten und oft ver-
1 Diog. Laert. X, 6 (11). Wenn also Seb. Franck sich im letzten Satz
auch auf Epikur bezieht, so ist das ein Schnitzer, der aber dem vorher zitierten
Erasmus, soweit ich sehe, nicht zur Last fällt.
2 Bei Plato selbst s. unten S. 30. Statt vieler anderer Stellen s. nur
Aristoteles, Pol. II, 2 (xocroc ttjv roxpotpiav), vgl. Erasmus, Adagia (1522),
S. 37, wo darauf hingewiesen wird, daß auch in der latein. Komödie, bei
Terenz der Satz sprichwörtlich gebraucht wurde.
3 Plato, Rep. V, 451 f., vgl. III, 416, bei anderen Ferd. Dümmler, Proleg.
zuPlatos Staat. Kl. Schriften I, 219ff.