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Schubert, Hans; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 11. Abhandlung): Der Kommunismus der Wiedertaeufer in Muenster und seine Quellen — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37688#0034
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H. von Schubert:

schon in der oben zitierten Stelle bei Cyprian zu erkennen; er-
liegt vor Augen bei Ambrosius, der sich der Doppelherkunft voll-
bewußt ist: Sic Deus generari iussit omnia, ut pastus omnibus com-
munis esset et terra foret omnium quaedam possessio. Natura igitu.r
ius commune generavit, usurpatio ius fecit privatum.. Quo in bono
aiunt placuisse Stoicis, qu.ae in terris gignantur, omnia ad usus
hominum creari; homines autem hominum causa esse generatos, ut
ipsi inter se aliis prodesse possint. Und darauf die beiden eben
angezogenen Stellen aus Genesis und Psalmen, also Stoa und
Schrift buchstäblich in eins gezogen. Aus unseren Büchern, von
unseren Vätern haben es die Philosophen!1 Das ist die Gerechtig-
keit, die höher ist als die Barmherzigkeit, wie Ambrosius, dieselbe,
wie der Ambrosiaster meint: sciens qm largitur omnia deum com-
muniter omnibus dare, quia sol enim oritur et pluit omnibus et terram
omnibus dedit — omnia Dei sunt et semina et nascentia Dei nutu cres-
cunt2. Dies natürliche Recht, bei dessen Übung wir „Nachahmer
Gottes“ sind, ist göttliches Recht. Die Donatisten nehmen den
Katholiken die Landgüter und beziehen sich dafür auf das gött-
liche Recht, und Augustin giebt zu: iure divino domini est
terra, et plenituclo eins, so stehe es in den Schriften, Ps. 23, 1 ; pau-
peres et divites Deus de uno cimo fecit et pauperes et divites una terra
supportat, iure tarnen humano haec villa mea est, haec domus mea.,
hie servus mens est3. Um die Frage der Gültigkeit dieses Menschen-
rechts handelt sichs in dem ganzen Zusammenhang; Augustin
bejaht es.
Das Philosophisch-Christliche verbindet sich mit einem Drit-
ten, dem Juristischen: während das ius naturale der römischen
Juristen kein wirkliches, verbindliches Recht bedeutete4, sehen
wir hier die Donatisten ein „göttliches Recht“ in der Besitzfrage
behaupten, das zu realisieren ist. Indem nun das natürliche, gött-
liche Recht wieder dem ius gentium der Rechtsbücher in höchst
1 Ambros, de offic. I, 28, vgl. Comm. in ps. 118, 8.
2 Comm. in II. Kor. 9, 9, vgl. R. W. u. A. J. Carlyle, History of
Mediaeval Political Theory in the West I, 136 ff., 142 ff., 1903.
3 Aug. tract. in evang. Joannis VI, 25.
4 Bergbohm, Jurisprud. u. Rechtsphilos. (1. Bd., 1892), macht S. 155
darauf aufmerksam, daß unter den stoisch gebildeten röm. Juristen auch das
„Weltgesetz“ der Stoiker als ius uneigentlich, aber in gefährlichem Sprach-
gebrauch bezeichnet worden sei. Entscheidend war doch, daß die christliche
Kirche ein göttliches Recht kannte, das wirklich ius sein wollte und das nun
durch die Berührung mit Plato und der Stoa die Tendenz bekam, mit dem
„natürlichen“ zu verschmelzen.
 
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