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Schubert, Hans; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 11. Abhandlung): Der Kommunismus der Wiedertaeufer in Muenster und seine Quellen — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37688#0047
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H. von Schubert:

Die deutsche, auch deutsch redende und schreibende Mystik
des 14. und 15. Jahrhunderts, wie sie von Eckart zu Tauler, von
Tauler zur deutschen Theologie führte, hatte eine Seite, die geeignet
war, die abschätzige Auffassung von Eigentum und Besitz, die
den mönchisch lebenden Trägern dieser Mystik ohnehin selbst-
verständlich war, theoretisch noch zu vertiefen und zugleich zu
popularisieren. Es ist die Seite, die letztlich auf Dionysius Areo-
pagita und durch diesen auf den Neuplatonismus zurückgeht: Gott,
das commune esse, allein ist alles, der Mensch nichts. Deshalb ist
die Grundsünde die Selbstsucht, das ,,Annehmen“, wie die deutsche
Theologie sagt. Die Leute, denen Himmel und Erde und alle Krea-
turen ein lauteres Nichts ist, die selbst ein Himmel Gottes sind,
weil Gott seine Rast in ihnen hat, ,,das sind die Menschen, die
Sanct Dionysius meinet gottförmige Menschen“1. Der Teufel
aber, „was ist er anders oder was war sein Fall oder sein Abkehren
anders, denn daß er sich annähm, er wär auch etwas, und etwas
wär sein und ihm gehöret auch etwas zu ? Dies Annehmen und
sein «ich» und sein «mich», sein «mir» und sein «mein», das war sein
Abkehren und sein Fall. Also ist er noch“. „Also soll man aller
Ding ledig und los werden, das ist des Annehmens“. Das ist die
beste und edelste Erkenntnis und Liebe, denn „dies ist dann alles
Gottes allein“2. Mit dem Eigenwillen fällt das Eigentum: „Wär
nicht eigen Will, so wär auch kein Eigenschaft (Eigentum)“, „wer
etwas eigen hat oder haben will oder gern hätte, der ist selber eigen“
und nicht frei3. Nicht nur Luther, auch die Hetzer und Kautz,
Schwenkfeld und Bünderlin, Denk und Seb. Franck haben sich an
der Deutschen Theologie begeistert, aber während der erste
ein Buch „Von der Freiheit eines Christenmenschen“ noch unter
dem Nachhall solcher Lektüre schrieb, ohne die Freiheit auch in
der Freiheit vom Eigentum zu finden, hat Franck, der das Büch-
lein voll deutscher Innigkeit nicht nur herausgab wie Luther,
sondern sonderbarer Weise ins Lateinische übersetzte, schon in
den Paradoxa (S. 99) die letztzitierte Stelle wörtlich ausgezogen,
um zu beweisen, daß „das Gemeine ist rein, das Mein und Dein
unrein“4. Es ist für ihn ein neuer Einschlag in dem alten Gewebe,
1 Tauler, Sermo 41, ed. Vetter S. 174.
2 Der Frauckforter (Eyn Deutsch Theologia), ed. Uhl S. 8f., 10.
3 Ibid. S. 58f.
4 Vgl. Regler, Lat. Paraphrase der deutschen Theol. S. 6, 108ff.;
Seb. Franck S. 182. Zu seiner Abhängigkeit von Eckart und Tauler s. auch
noch seine Apologie S. 148f.
 
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