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Reitzenstein, Richard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 12. Abhandlung): Das Mandäische Buch des Herrn der Größe und die Evangelienüberlieferung — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37689#0009
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Das mandäisehe Buch des Herrn der Größe.

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Schriften gegen die Religionen gerichtet wird, die sich „ein Buch“
machen (gegen die jüdische, christliche und muhammedanische).
Der einmal abgeschlossenen und im Bestand gesicherten, also
kanonischen Gesamtüberlieferung tritt die noch relativ frei fort-
wachsende oder wuchernde Einzelüberlieferung gegenüber* 1; ein
Gegensatz wie zwischen 7rpocpYjToa, und ypapixaTsU scheint halb-
bewußt nachzuwirken, wenn auch die Prophetie längst literarisch
geworden ist.
Dieses rein auf die Überlieferungsform gerichtete Interesse
führte mich zunächst auf ein mandäisches Buch, das uns in zwei
selbständigen Fassungen erhalten ist, welche durch einen gün-
stigen Zufall beide in einigermaßen zulänglicher Übersetzung
(Brandt, Mand. Schriften, S. 3—51 und 55 — 101) gedruckt vor-
liegen2. Hier mußte die Arbeit also einsetzen. Erst ihr Verlauf
zeigte mir, daß gerade dies Buch auch die kurzen, aber unschätz-
baren Reste der ältesten mandäischen Schrift enthält, die wir
bisher nach weisen können. Jene Vorfragen, die mich beschäftigten,
schienen hier eine Lösung zu finden. So lege ich die Untersuchung
hier vor und analysiere den für mich wichtigsten Teil unter Ver-
weis auf die Seiten- und Zeilenzahlen Brandts — die letzteren
wird sich freilich der Leser in seinem Exemplar selbst zu fügen
müssen —, berichtige aber zugleich bei Anführungen seinen Text
nach Lidzrarskis Übersetzung. Den Umfang der Untersuchung
und die Mühe, die ich dem Leser bei einer etwaigen Nachprüfung
machen muß, mag die methodische und sachliche Bedeutung der
Frage, die weit über die mandäisehe Literatur herausreicht, ent-
schuldigen.
'/.cd aXXaTToXoyov gu-ü-ov octox| seppaaa. Sehen wir davon ab, daß es sich hier
um die Übertragung einer heiligen Schrift in eine andere Gedankenwelt
handelt, so finden wir dieselbe eigenartige Verbindung von schriftstellerischem
Bewußtsein und Verehrung des überlieferten Werkes. Wenn ich früher
nur auf die Unterschiede in der Überlieferung der großen Literatur und
des volkstümlichen Flugblattes hinwies, die sich in den Märtyrerakten
am besten zeigen, so übersah ich, daß für die eigentlich religiösen Schriften
dieser im religiösen Bewußtsein selbst liegende Grund der Freiheit immer
mit zu beachten ist.
1 Eine jüngere Zeit bringt dann die Vereinigung der Einzelschritten zu
kleineren, bald auch zu größeren Corpora, und ihr folgt auch auf diesem
Boden zuletzt die Kanonisierung des Textes.
2 Wie stark die Möglichkeit einer eindringenden Analyse von dem Vor-
liegen eines Druckes abhängt, habe ich bei mancherlei Versuchen schmerz-
lich erfahren.
 
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