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Reitzenstein, Richard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 12. Abhandlung): Das Mandäische Buch des Herrn der Größe und die Evangelienüberlieferung — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37689#0072
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72

R. Reitzenstein:

geschichtlich ohne Vorbild1. Stellen wir, wie ich es oben probe-
weise versuchte, eine religiöse Entwicklung innerhalb des Juden-
tums oder wenigstens seines Wirkungskreises an die Spitze der
Reihe, so ist die Entwicklung klar und einfach2. Ist es wirklich
möglich, die eschatologischen AnthröposVorstellungen mit Johannes
dem Täufer in Verbindung zu bringen, so erhält dessen in der
urchristlichen Literatur so stark in den Vordergrund gerückte
und doch bisher -so schattenhafte Persönlichkeit Klarheit und
Bedeutung; er wird wirklich zum Vorläufer Jesu, der dann aller-
dings diese Vorstellungen umbildet und mit einem ganz neuen
Inhalt erfüllt. In dieser Umbildung zunächst in Jesus selbst,
dann aber auch in seinen Jüngern läge das großartige Neue und
Originale, aber es läge, wie ich ausdrücklich betone, mehr in der
religiösen Stimmung und Empfindungsart als in bestimmten Vor-
stellungen. Für sie dürften wir ruhig ein historisches Werden
wissenschaftlich verfolgen, ohne damit dem Innersten der neuen
Lehre zu nahe zu treten.
Doch diesen einer ferneren Zukunft und reicheren Beweisen
vorgreifenden Träumen steht bisher ein starkes Bedenken ent-
gegen. Der hochverdiente erste Darsteller der mandäischen Reli-
gion, Brandt, läßt Johannes den Täufer erst in allerjüngster Zeit
aus dem Christentum in die mandäische Tradition übernommen
werden. Es trifft sich günstig, daß sich die Nachprüfung dieser
seiner These mit einer Analyse des letzten Stückes des Buches des
Herrn der Größe verbinden und damit die begonnene chronologi-
sche Untersuchung zum Abschluß bringen läßt. Einzelheiten
mache ich in diesem minder wichtigen Teil möglichst kurz ab
und füge nur zum Schluß ein paar bestätigende Beobachtungen
zur Altersbestimmung dieser Literatur hinzu.
III.
Zu besprechen blieb in dem „Buch des Herrn der Größe“
noch die lange Einlage in der Fassung II, die S. 89, 14 — 100, 20
1 Voraussetzung dafür ist die Vorstellung von einem äv-dgigcx; Salgcov
oder avO-pcoTccx; tTjC, avogiocq, die im Judentum der Zeit bezeugt ist und
-sich auf iranischem Boden inzwischen ebenfalls hat nachweisen lassen (A.
v. Le Coq, Türkische Manichaica aus Chotscho II, Abhandl. d. Berliner Akad.
1919, 3, S. 5 und vorläufig Nachrichten d. Gesellschaft d. Wissenschaften.
Göttingen 1919, S. 22, 3).
2 Hierbei führen die iranischen Einflüsse ungezwungen vom Juden-
tum zum Christentum über; sollen sie erst auf das Christentum wirken, um
 
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