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Reitzenstein, Richard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 12. Abhandlung): Das Mandäische Buch des Herrn der Größe und die Evangelienüberlieferung — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37689#0073
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Das mandäische Buch des Herrn der Größe.

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umfaßt. Auch sie hat einen deutlich erkennbaren mahnenden
Schluß, der durch die Anrede an Adam, seine Gattin und ihre
Nachfolger dem Hauptstück nachträglich angepaßt ist (100, 3—20).
Eine Einleitung fehlt; die bei dem Redaktor der zweiten Fassung
übliche Übergangsformel „Ferner sage ich euch, meine Gläubigen/'
verdeckt nicht einmal die Lücke. Wieder handelt es sich um eine
Warnung vor Abfall, und zwar im wesentlichen vor Abfall zum
Christentum; der Name ist jetzt schon bekannt (S. 91, 1), auch
die Ehrenbezeichnung der einzelnen als aytot. oder öoioi. Vom
Judentum ist als Gegner nicht mehr die Rede; Christus erscheint
überall als der Reichsfeind, der „Rhomäer“ (S. 90, 1. 95, 14. 15.
96, 6. 10. 97, 10 Brandt). Hier sind wir, wie auch Brandt be-
merkte, zweifellos auf dem Boden des persischen Reiches. Zu ihm
muß Mesopotamien seit längerer Zeit gehören. Der besondere
Haß des Verfassers richtet sich gegen die Askese im Christentum;
für jene falschen Propheten des alten Stückes, die von den Dämo-
nen abstammen, sind die Asketen eingetreten (vgl. 91, 14). Daß
sie, bisweilen mit Erfolg, Dämonen äustreiben, wird erwähnt
(92, 5); sie tragen die Tonsur (92, 20); viele gehen in Ketten (91, 11).
Das ergibt ein Bild, wie es etwa Johannes von Ephesus De beatis
orientalibus von dem syrischen Anachoretentum des fünften und
sechsten Jahrhunderts zeichnet1, und es paßt zu dieser Vorstellung,
daß gerade bei ihm einzelne Anachoreten auch als Missionare er-
scheinen, wie in den gegen das Christentum polemisierenden Ab-
schnitten des Genzä bisweilen die Anachoreten. Die christliche
Taufformel ist bekannt (94, l)2, ebenso die Dauer der Wirksam-
keit Jesu (dreißig Jahre 95,15), die Zahl und'Aussendung der
Apostel (95, 14), die Erzählung von der Kreuzigung (96, 11) und
überhaupt viel von der Evangelientradition. Wichtig und schon
von Brandt3 hervorgehoben ist die Grundauffassung (92,13):
Jesus hat alle Weisheit des Judentums erlernt, aber dann „die
Thora verkehrt“, die Lehre und den Kult verändert und durch
Zauber eine Anzahl von Juden gewonnen. Ihn überführt der
Anös der Mandäer, erweist ihn als einen der Planeten (der ap/ov-
tzc, toü zoGgoo) und bringt seine Anhänger im jüdischen Volke
aus ihm die Person des Stifters zu verdrängen, so beginnen die Schwierig-
keiten.
1 Schon Brandt verweist auf die syrischen Mönchserzählungen.
2 Nach Brandts Vermutung (96, 3) auch der Reliquienkult.
3 Mand. Religion S. 131.
 
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