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Reitzenstein, Richard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 12. Abhandlung): Das Mandäische Buch des Herrn der Größe und die Evangelienüberlieferung — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37689#0025
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Das mandäische Buch des Herrn der Größe.

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digen, die in der Welt gesündigt und gefrevelt haben und daher
in der Finsternis hausen. Ein jeglicher wird seinen Werken
entsprechend aus dem Feuer und der Finsternis errettet
werden,“ außer wer eine der vier Todsünden begangen hat, Mord
eines Gläubigen, freiwillige Anbetung des Satans, Verleugnung
der Taufgnade, Widerstreben gegen das Bußsakrament (vgl. o. S. 12).
Die zugrunde liegende Anschauung tritt uns wie in einzelnen
Texten des rechten Genzä1, so vor allem aber in einer überwältigen-
den Fülle von Stücken des linken Genzä und der Qolasta entgegen.
In den sieben Sphärenkreisen halten die Planetengötter und ihre
Dämonen die Seelen bei der Himmelswanderung fest und werfen
sie in eines ihrer Wachthäuser (Straforte). Aber wenn der göttliche
Gesandte, der geheim und von den Planeten unbemerkt einst in
die Welt gekommen ist, triumphierend in den Himmel zurück-
kehrt, zerreißt er die Sphären, zertrümmert die Wachthäuser und
befreit die Gefangenen.
Jeder Leser hat wohl ohne weiteres an die Lehre von Christi
Höllenfahrt gedacht, deren ältestes Zeugnis I. Petr. 3, 19 ja lautet
ev G '/.cd rolq ev (puXay.Y) -vsofzaaiv Tcopsußelp exYjpu^sv.
Die Frage, ob wir hier die Nachbildung oder das Vorbild dieser
Lehre haben, drängt sich so unwillkürlich auf, daß ich die Analyse
der Apokalypse für eine Weile unterbreche, um erst.sie ins Auge
zu fassen. Wenn es H. j. Holtzmaxn (Archiv für Religionswissen-
schaft XI, 1908, S. 285ff.) noch unentschieden ließ, ob man ein
bestimmtes mythologisches Vorbild notwendig annehmen müsse2,
und nur bemerkte „die auffälligste Ähnlichkeit mit dem christ-
lichen Mythus bietet der mandäische von Hibil-Ziwä,“ so erklärt
sich diese Zurückhaltung nur daraus, daß ihm nur die kosmologi-
sche Dichtung von Hibil-Ziwäs Höllenfahrt bekannt war, nicht
aber das mandäische Totenbuch (der linke Genzä) und die mani-
chäischen Schilderungen. Drei verschiedene Anschauungen bieten
sich in ihnen. Die erste habe ich soeben geschildert und werde
später auf sie zurückkommen. Sie ist stark von einer spätbabylo-
nischen Anschauung beeinflußt und kennt sieben übereinander-
liegende Sphären und Straforte, jeden für eine bestimmte Klasse
1 So besonders Buch V 3. Ihnen reiht sich am nächsten an Genzä
1. I 4. Die Behandlung bei Brandt Jahrbücher f. prot. Theologie XVIII 408 ff.
ist ganz ungenügend. Seine willkürliche Datierung dieser Anschauung wird
durch die Apokalypse widerlegt.
2 Vgl. hierzu Bousset, Kyrios Christos S. 32ff.
 
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