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Reitzenstein, Richard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 12. Abhandlung): Das Mandäische Buch des Herrn der Größe und die Evangelienüberlieferung — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37689#0029
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Das mandäische Buch des Herrn der Größe.

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darin, Flügel des Glanzes bildete man mir1. Man bildete mir
Flügel des Glanzes und die sonstigen Gebilde gut und leuchtend.
Ich predige und gehe zu allen Seelen. Als sie mich erblick-
ten, versammelten sie sich und gingen mir entgegen und alle be-
grüßten mich. Sie sprachen zu mir: ,,Sohn Guter, sprich zu
deinem Vater: Wann werden die Gefangenen erlöst werden
und wird es den Notleidenden, die in Not sind, weit werden?“
Der Angesprochene erklärt, ohne seinen Vater zu fragen,
könne er ihnen darauf Antwort geben: Nur das Ende aller Dinge
kann dem, der Böses getan hat, Erlösung bringen; wenn der
Euphrat an der Mündung austrocknet und alle Meere austrocknen,
dann erst werden die Seelen aus der Hand der Sieben erlöst2.
1 Auch sonst heißt es. daß die Seele oder das Gottwesen in dem Meere
(der Materie) weilt, bis man ihr Flügel bildete. Sie fliegt dann empor.
2 Um die Anschauung zu erläutern, vergleiche ich beispielsweise ein
Stück aus dem ersten Buch des linken Genzä, dem auf Adam gestellten
Seelenbuch, 1 2 p. 16: Die göttlichen Boten, die Adam aus der Welt holen
wollen, sprechen ihn an: ,,Adam, du bist der Sohn des großen Lebens, der
Diener des gewaltigen Lebens, der Diener des großen Lebens (deutliche Über-
tragung aus der Selbstvorstellung des Manä, also des Gottwesens, in dem
ganz mythologischen zweiten Buch). So komm denn in Frieden, Erwählter,
Heiner, Sündenloser, den das Leben (d. h. Gott) sündenlos gemacht hat.
Komm, steig empor und nimm in der großen Lichtwolke Platz; deiner ge-
dachte die lichte Wohnung; deiner gedachten deine Eltern, denn du bist
ihr. (unerklärbares Wort, dem Sinne nach sicher Thronfolger, Erst-
geborner, wie immer bei diesen Erweckungssehi 1 derungen), und sie hoben
(heben?) dich aus der Welt des Ptahil empor, der Welt, die nichts bedeutet
. Du steigst zu deinem Ort empor, und Dein Weib Häwwä wird
nach dir emporsteigen; dein ganzer Stamm wird dir nachfolgen. Dann
nehmen alle Generationen ein Ende und alle Geschöpfe gehen zugrunde.
Alle Brunnen und Meere trocknen aus, und die Flüsse und Bäche versiegen.
Die Berge und Anhöhen werden zerstört, fallen und sinken ein. Babel und
Borsip werden verödet und vergehen und wenden, als ob sie nie existiert hätten.
Das Land der Perser und der Rhomäer (für diese Zeit die großen Gegner,
zwischen denen die Mandäer wohnen) werden zerstört und werden, als ob sie
nie existiert hätten. Wenn die Erde in Trümmern zerfällt, der Himmel
ohne Sterne dasteht, Sonne und Mond an ihren Ort zurückgehen, die Leuchter
an ihren Orl zurückgehen, die vier Winde des Hauses an ihren Ort zurück-
gehen, alle Bösen in die Tiefe der Finsternis sinken, dann Heil dir, Adam,
daß du auserwählt wurdest und aus der Welt der Engel (der bösen Engel,
Archonten oder Sieben) und dem Leid dieser Welt emporstiegest.“ Wie
der iranische Zarathustra bittet Adam darauf um Unsterblichkeit und damit
um Fortdauer dieser Welt, aber er wird belehrt, daß er in seiner Skinä (also
nur einem seligen Zwischenreich) warten solle „bis zum Tage, dem Gerichts-
tag, bis zur Stunde, den Stunden der Erlösung, bis zum großen Tage der
 
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