Das mandäische Buch des Herrn der Größe.
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gestoßen werden, und das Weltall wird Kunde erhalten, und
die Götter, die in der gesamten geschaffenen Welt der Himmel
und Erden Hausherr, Dorfherr, Stammherr, Landesherr, Herr der
Wache und Schmäher der Dämonen sind, werden den Gott Ver-
standeswelt segnen, und die in’ der Welt befindlichen Menschen
werden zu Herrschern werden. Die Dämonen (aber) werden vor ihn
gehen [und] Verehrung [darbringen und seinen] Befehl [ausführen].“
Eng verbunden erscheinen hier das uranfängliche Mannes-
geschöpf und der erste Verstand und das erste Wissen; nur des-
wegen kann das erstere überhaupt mit erwähnt werden, wo es
sich doch nur darum handelt, daß Verstand und Wissen (die Pro-
phetie) immer wieder in die Welt gesendet werden und unmittel-
bar vor deren Untergang noch einmal in einem größten Boten
erscheinen1. Daß der erste Verstand und das erste Wissen mytho-
logisch als die zaptlivoc tou ©cotoc bezeichnet werden, also als
jene mannweibliche Gottheit, welche Augustin Contra Faustum
XX 6 die Weisheit nennt und in den Mond versetzt, zeigt ein
mitteltürkisches, aus dem Soghdischen übersetztes Fragment (Berlin
T. II D 176 S. 3. 4), dessen Kenntnis und erste vorläufige Über-
setzung ich der hochherzigen Güte meines verehrten Freundes
Prof. A. v. Le Coq verdanke und bei dessen Deutung Prof.
Andreas nachdrücklich geholfen hat2:
Seite 3
„Und der Vater unsrer Seelen, der göttliche Mani, der Bur-
chän geruhte so zu reden. Mein lieber Jüngling, zuerst bedenke
1 Wie die verschiedenen Religionsüberlieferungen im Manichäisinus
nebeneinander liegen, zeigt charakteristisch ein Vergleich dieser iranischen
■Apokalypse mit einer anderen dem Christentum entnommenen, die mit ihr
in derselben Handschrift vereinigt war, M. 475 (F. W. K. Müller, Denkschr.
d. Berliner Akademie 1904 S. 11 ff.). Hier sind in der Tat die Evangelien
handgreiflich benutzt, aber hier heißt auch der „erste Mensch“ nicht das
erste oder uranfängliche. männliche Geschöpf, wie in der oben angeführten.
Apokalypse und wie z. B. Gehmurd in der ganz iranischen Schöpfungs-
geschichte von T III 260, sondern merdän pusar Sohn der Menschen (wört-
liche Übertragung von barnäscha) und schon die von Prof. Müller schlagend
ergänzte Überschrift ,,<Das Kommen> des Menschensohnes“ zeigt, welchem
Religionskreis Mani die Vorlage entnommen hat. Dagegen gehört ein an sich
ähnlicher Titel des mitteltürkischen Blattes T II D. 173 a2 (v. Le Coq, Türki-
sche Manichaica aus Chotscho, Abhandl. d. Berk Akad. 1911 S. 10) „Pas
Kommen des Burchän“ der indisch beeinflußten Schicht an: der Text bittet
um Erlösung von der Wiedergeburt.
2 Die Form erinnert an die buddhistische Literatur, in der Buddha
immer wieder auf Fragen antwortet.
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gestoßen werden, und das Weltall wird Kunde erhalten, und
die Götter, die in der gesamten geschaffenen Welt der Himmel
und Erden Hausherr, Dorfherr, Stammherr, Landesherr, Herr der
Wache und Schmäher der Dämonen sind, werden den Gott Ver-
standeswelt segnen, und die in’ der Welt befindlichen Menschen
werden zu Herrschern werden. Die Dämonen (aber) werden vor ihn
gehen [und] Verehrung [darbringen und seinen] Befehl [ausführen].“
Eng verbunden erscheinen hier das uranfängliche Mannes-
geschöpf und der erste Verstand und das erste Wissen; nur des-
wegen kann das erstere überhaupt mit erwähnt werden, wo es
sich doch nur darum handelt, daß Verstand und Wissen (die Pro-
phetie) immer wieder in die Welt gesendet werden und unmittel-
bar vor deren Untergang noch einmal in einem größten Boten
erscheinen1. Daß der erste Verstand und das erste Wissen mytho-
logisch als die zaptlivoc tou ©cotoc bezeichnet werden, also als
jene mannweibliche Gottheit, welche Augustin Contra Faustum
XX 6 die Weisheit nennt und in den Mond versetzt, zeigt ein
mitteltürkisches, aus dem Soghdischen übersetztes Fragment (Berlin
T. II D 176 S. 3. 4), dessen Kenntnis und erste vorläufige Über-
setzung ich der hochherzigen Güte meines verehrten Freundes
Prof. A. v. Le Coq verdanke und bei dessen Deutung Prof.
Andreas nachdrücklich geholfen hat2:
Seite 3
„Und der Vater unsrer Seelen, der göttliche Mani, der Bur-
chän geruhte so zu reden. Mein lieber Jüngling, zuerst bedenke
1 Wie die verschiedenen Religionsüberlieferungen im Manichäisinus
nebeneinander liegen, zeigt charakteristisch ein Vergleich dieser iranischen
■Apokalypse mit einer anderen dem Christentum entnommenen, die mit ihr
in derselben Handschrift vereinigt war, M. 475 (F. W. K. Müller, Denkschr.
d. Berliner Akademie 1904 S. 11 ff.). Hier sind in der Tat die Evangelien
handgreiflich benutzt, aber hier heißt auch der „erste Mensch“ nicht das
erste oder uranfängliche. männliche Geschöpf, wie in der oben angeführten.
Apokalypse und wie z. B. Gehmurd in der ganz iranischen Schöpfungs-
geschichte von T III 260, sondern merdän pusar Sohn der Menschen (wört-
liche Übertragung von barnäscha) und schon die von Prof. Müller schlagend
ergänzte Überschrift ,,<Das Kommen> des Menschensohnes“ zeigt, welchem
Religionskreis Mani die Vorlage entnommen hat. Dagegen gehört ein an sich
ähnlicher Titel des mitteltürkischen Blattes T II D. 173 a2 (v. Le Coq, Türki-
sche Manichaica aus Chotscho, Abhandl. d. Berk Akad. 1911 S. 10) „Pas
Kommen des Burchän“ der indisch beeinflußten Schicht an: der Text bittet
um Erlösung von der Wiedergeburt.
2 Die Form erinnert an die buddhistische Literatur, in der Buddha
immer wieder auf Fragen antwortet.