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Reitzenstein, Richard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 12. Abhandlung): Das Mandäische Buch des Herrn der Größe und die Evangelienüberlieferung — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37689#0061
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Das mandäische Buch des Herrn der Größe.

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führung läßt er die Tauben aus, weil ihm in seiner Sprache ein und
dasselbe Wort taub und stumm bedeutet1, er also im Schluß die
Sache auch erwähnen muß; um den Parallelismus der Glieder zu
wahren, schiebt er ein neues ein ,,er reinigt die Aussätzigen/'
In dieser Fassung begegnet das Zitat auch sonst bei den Mandäern.
In dem oben S. 34 besprochenen jüngeren Exzerpt im Johannes-
buch 243,10 und 25 ist nur es berücksichtigt: „DenBlinden öffnete
ich ihre Augen und die Aussätzigen heilte ich. Den Stummen
und Tauben (Taubstummen) stellte ich die Rede her, die Ver-
krüppelten und Lahmen machte ich wieder auf den Füßen gehen."
Nun vergleichen wir die Evangelienquelle Q in der bekannten
Antwort an den Täufer Matth. 11, 5 = Luk. 7, 22 rucpXol ava-
ßksTCooGLv xal yoikoi TueptTcocTOuaiv, As-pol /.aB-api^ovTai, xal
x co (pol axououaiv xal vexpol syelpovrai xal TtTCoyol suayysXl^ovTat,.
Deutlich ist auch hier, daß die Jesajas-Stelle dem Verfasser
bekannt ist; er stimmt mit ihr in der Form der Schilderung über-
ein, wird also auch die Worte xcocpol axououoiv aus ihr haben2.
Deutlich erkennbar scheint ferner eine zweite, verwandte Stelle
wenigstens auf den griechischen Text von Q mit einzuwirken,
Jes. 61, 1 „Der Geist des Herrn, Jahwes, ruht auf mir, dieweil
Jahwe mich gesalbt hat, um den Elenden frohe Botschaft
zu bringen, mich gesandt hat, zu verbinden, die gebrochenen
Herzens sind, um den Gefangenen Freilassung anzukündigen und
den Gefesselten frohen Ausblick“ (E. Kautzsch), vgl. LXX:
Tuvsüpa xuplou sV sps, ou stvsxev sypiosv ps- suayysTaGaaFai.
-rco^oic a7teGTaXxsv ps, laaaatfai touc ouvTSTpippevou? tt)v
xapSlav, xypö^at, auyjyyjMTOic acpsaiv xal tuöXoW dvaßXstjuv.
Aber er hat auch die beiden Sätze, welche die mandäische
Quelle mehr hat als Jesajas, den eingeschobenen, Xsjcpol xaha-
pl^ovTai, und den angefügten, vsxpol syslpovrao, ebenfalls. Er
baut wie diese sechs Glieder, aber das sechste aus der zweiten
Stelle des Jesajas zugefügte, -rcoyol suayyeXlCov-a!., ist nur die
prägnante Wiedergabe der ausführlich geschilderten Verkündigung
der mandäischen Schrift. Für die Bestimmung ihrer Zeit würde
es nicht viel ausmachen, wenn wir annehmen müßten, Q wäre
die Vorlage, und ihre religionsgeschichtliche Bedeutung liegt in
dem Nachweis einer dem offiziellen Judentum derartig feindlichen
1 Taubstumm ist ihm ein fester Begriff.
2 Dabei läßt er die Worte an derselben Stelle am Schluß des eigentlichen
Zitats, wo die mandäische Schrift sie hat.
 
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