68
R. Reitzenstein:
deuten, wie dies vielfach geschieht, prüfe aber, ehe ich auf den
Wortlaut näher eingehe, den Zusammenhang dieses Berichtes
weiter, weil gerade er vielfach Anstoß gegeben hat. Warum fragt
der Hohepriester jetzt erst au zl 6 Xpiavoc;, 6 olog tou suXoyyjTou ?
Geht er damit nicht auf einen ganz anderen Klagepunkt ein ?
Und hätte, wenn die Bejahung für das Urteil an sich genügte,
das Zeugenverhör in der Verhandlung einen Zweck oder in dem
Bericht eine Bedeutung ? Hier bringt die mandäische Quelle -
wenn wir ihr Alter und ihre Zuverlässigkeit einmal für erwiesen
annehmen — eine einfache Lösung: die allerdings nicht einwand-
freie Zeugenaussage hat Jesus sich als den von Johannes ver-
heißenen barnäscha bezeichnen lassen. Sie zu ergänzen fragt der
Bichter notwendig den Angeklagten selbst: bist du der Christus?1
Und Jesus antwortet: ö'ipsa&s tov ulov toü avApco-ou Ix Ss^txov
xaAyjpsvov T7]g Sovapscog xal Ipyopsvov psvoc tGv vecpsXGv toü
oüpavoü. Das muß — auch ohne ein vorausgehendes lyco stpi
— von dem Hörer, der die Enös-Botschaft kennt, als Geständnis
der Zugehörigkeit zu jener verfehmten Sekte, ja noch mehr als
Anerkennung der Äußerung lyco xocraXuaco gefaßt werden. Es
ist jetzt gleichgültig, wie sie bezeugt ist; die Prüfung der Zeugen
kann abbrechen (tl XPz'llXV GC0ߣV papWpcov;): der Angeklagte
hat sich selbst verraten. Die ßXaa<p7j[ua liegt nicht in dem Messias-
anspruch an sich, sondern in dem Bekenntnis, gerade dieser Mes-
sias zu sein, der den Tempel und die heilige Stadt als widergöttlich
zerstören wird. Weil uns die Erkenntnis des innern Zusammen-
hanges der beiden Äußerungen fehlte, mußte der ganze Bericht
unverständlich erscheinen2. Er ist, wenn die mandäische Quelle
alt ist, in Wahrheit tadellos; er bestätigt dann aber indirekt die
Geschichtlichkeit der Angabe der mandäischen Apokalypse, daß
gegen die Sekte der Johannesjünger mit äußerster Strenge, stren-
1 Die Frage ist zugleich in der Form außerordentlich geschickt; eine
Verneinung muß Jesus um seine Anhänger bringen, eine Bejahung sich als
Bestätigung der Zeugenaussage verwenden lassen.
2 Schon Lukas versteht diesen Zusammenhang nicht mehr, so läßt er
den Zeugenbericht fort, behält aber das verräterische tl sti £yo\isv gap-ru-
piaq xpstav (22, 71) bei. Mit Matthäus zusammen, der sonst eng mit Markus
geht, weicht er bekanntlich von Markus darin ab, daß er Jesus die direkte
Antwort auf die Frage verweigern und nur den Satz von der Erhöhung und
Wiederkunft des Menschensohnes sagen läßt. Hier hat also die Frage ein-
zusetzen, ob Markus die Urub erlief er ung rein gibt oder geändert hat.
R. Reitzenstein:
deuten, wie dies vielfach geschieht, prüfe aber, ehe ich auf den
Wortlaut näher eingehe, den Zusammenhang dieses Berichtes
weiter, weil gerade er vielfach Anstoß gegeben hat. Warum fragt
der Hohepriester jetzt erst au zl 6 Xpiavoc;, 6 olog tou suXoyyjTou ?
Geht er damit nicht auf einen ganz anderen Klagepunkt ein ?
Und hätte, wenn die Bejahung für das Urteil an sich genügte,
das Zeugenverhör in der Verhandlung einen Zweck oder in dem
Bericht eine Bedeutung ? Hier bringt die mandäische Quelle -
wenn wir ihr Alter und ihre Zuverlässigkeit einmal für erwiesen
annehmen — eine einfache Lösung: die allerdings nicht einwand-
freie Zeugenaussage hat Jesus sich als den von Johannes ver-
heißenen barnäscha bezeichnen lassen. Sie zu ergänzen fragt der
Bichter notwendig den Angeklagten selbst: bist du der Christus?1
Und Jesus antwortet: ö'ipsa&s tov ulov toü avApco-ou Ix Ss^txov
xaAyjpsvov T7]g Sovapscog xal Ipyopsvov psvoc tGv vecpsXGv toü
oüpavoü. Das muß — auch ohne ein vorausgehendes lyco stpi
— von dem Hörer, der die Enös-Botschaft kennt, als Geständnis
der Zugehörigkeit zu jener verfehmten Sekte, ja noch mehr als
Anerkennung der Äußerung lyco xocraXuaco gefaßt werden. Es
ist jetzt gleichgültig, wie sie bezeugt ist; die Prüfung der Zeugen
kann abbrechen (tl XPz'llXV GC0ߣV papWpcov;): der Angeklagte
hat sich selbst verraten. Die ßXaa<p7j[ua liegt nicht in dem Messias-
anspruch an sich, sondern in dem Bekenntnis, gerade dieser Mes-
sias zu sein, der den Tempel und die heilige Stadt als widergöttlich
zerstören wird. Weil uns die Erkenntnis des innern Zusammen-
hanges der beiden Äußerungen fehlte, mußte der ganze Bericht
unverständlich erscheinen2. Er ist, wenn die mandäische Quelle
alt ist, in Wahrheit tadellos; er bestätigt dann aber indirekt die
Geschichtlichkeit der Angabe der mandäischen Apokalypse, daß
gegen die Sekte der Johannesjünger mit äußerster Strenge, stren-
1 Die Frage ist zugleich in der Form außerordentlich geschickt; eine
Verneinung muß Jesus um seine Anhänger bringen, eine Bejahung sich als
Bestätigung der Zeugenaussage verwenden lassen.
2 Schon Lukas versteht diesen Zusammenhang nicht mehr, so läßt er
den Zeugenbericht fort, behält aber das verräterische tl sti £yo\isv gap-ru-
piaq xpstav (22, 71) bei. Mit Matthäus zusammen, der sonst eng mit Markus
geht, weicht er bekanntlich von Markus darin ab, daß er Jesus die direkte
Antwort auf die Frage verweigern und nur den Satz von der Erhöhung und
Wiederkunft des Menschensohnes sagen läßt. Hier hat also die Frage ein-
zusetzen, ob Markus die Urub erlief er ung rein gibt oder geändert hat.