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Ritter, Constantin; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 19. Abhandlung): Platons Stellung zu den Aufgaben der Naturwissenschaft — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37696#0050
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50

Constantin Ritter:

hat sich ihm völlig angeschlossen. Die Astronomen und Mathema-
tiker dagegen, die sich in die Frage vertieft haben, sind zu anderen
Meinungen gekommen. Ich will hier zwei von ihnen das Wort
geben. Als neuester Bearbeiter der Frage läßt sich Staigmüller,
ein Mathematiker, folgendermaßen aus : ,,So dunkel unsere Stelle
auch gefaßt sein mag, etwas . . . enthält“ sie „doch unzweideutig . . .
Beschreiben Sonne, Mond und die Planeten je nur einen einzigen
Weg, so ist in dieser Behauptung die Ruhe der Fixsternsphäre
enthalten und damit die Ruhe der Erde geleugnet.“1
Zur Erhärtung seiner Auffassung zieht Staigmüller auch
zwei Stellen aus dem Anhang der Nomoi heran, worin der Heraus-
geber dieser von Platon nicht vollendeten Schrift sich folgender-
maßen ausläßt: es werde oft verkannt, „daß der wahre Astronom
höchste Weisheit besitzen müsse; freilich nicht einer der die
Astronomie nur nach der Weise des Hesiodos treibe oder deren,
die sonst z. B. über Unter- und Aufgang der Gestirne Beobach-
tungen angestellt haben, sondern wer den sieben Umläufen unter
den acht, von denen jeder in Durchmessung derselben Kreisbahn
besteht, eine Betrachtung widme, zu der nicht leicht jegliche Be-
gabung ausreiche, sondern nur eine wunderbar ausgestattete“2,
und, kurz vorher: der achte Sternenbezirk sei der, den man am
passendsten die obere Welt nennen möchte, entgegengesetzt wie
die anderen sich bewegend und sie alle mit sich reißend, „wie es
wenigstens Menschen scheinen möchte, die davon nur wenig ver-
stehen.“3 Er ist der Meinung, die auf die Astronomie bezüglichen
Sätze des Philippos dürfen ohne weiteres als bloßer Nachhall
platonischer Lehren hingenommen werden4. Gegen Böckh sich
1 Staigmüller, Beiträge zur Geschichte der Naturwissenschaften im
klassischen Altertum, Progr. d. Realgymn. Stuttgart 1899, S. 23.
2 δτι σοφώτατον άνάγκη τον άληθώς άστρονομοΰντα είναι, μή τον καί)’ 'Ησίοδον
άστρονομοΰντα . . ., οΐον δυσμάς τε καί άνατολάς έπεσκεμμένον, άλλα τον τώ; οκτώ
περιόδων τάς επτά περιόδους, διεξιούσης τον αύτόν κύκλον έκάστης, οΰπως ώς ούκ άν
ραδίως ποτέ πάσα φύσις ικανή γένοιτο θεωρήσαι, μή θαυμαστής μετέχουσα φύσεως
990a b.
3 ώς γε άνθρώποις φαίνοιτ’αν ολίγα τούτων είδόσιν 98 7b.
4 Auch schon Schiaparelli deute die zweite Stelle so, daß dadurch
die auf dem unmittelbaren Eindruck beruhende Vorstellung von der Drehung
des Himmels verworfen werde: und höchst wahrscheinlich soll sie das wirk-
lich besagen, obwohl die entscheidenden griechischen Worte zur Not auch
anders verstanden und als Urteil über die Beschränktheit aller menschlichen
Erkenntnis gefaßt werden können.
 
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