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ConstanTin Ritter:
mündlichen Unterricht in der Akademie wußte, der Meister habe
sich in den Jahren, wo er selbst zu seinen Schülern gehörte, viel
mit dem Gedanken einer Achsendrehung der Erde beschäftigt.
Trotzdem darf wohl nicht angenommen werden, daß Platon sich
zur Zeit der Abfassung der Nomoi im Gegensatz zu den Pythago-
reern, die er doch wohl meint unter den Lehrmeistern, denen er
seine Erkenntnisse verdanke, für ein geozentrisches System mit
rotierender Erde entschieden habe, und daß jener fraglichen Stelle
diese bestimmte Ausdeutung gegeben werden dürfe, vielmehr ist
es höchst wahrscheinlich, daß sein Geist damals unschlüssig zwi-
schen den zwei Auffassungen schwankte, die bei Abweisung der
scheinbaren Bewegung der Fixsternsphäre zunächst als gleich
möglich erschienen. Denn da Platon durch den Tod an der Vollen-
dung der Nomoi gehindert worden ist, kann jenes durch Plutarchos
übermittelte Zeugnis des Theophrastos auf keine spätere Lebens-
zeit gehen.
Was haben wir uns aber wohl unter jenem würdigeren und
besseren Himmelsgestirn zu denken, dem die Erde, wenn sie aus
dem Weltmittelpunkt verdrängt wurde, diesen Platz räumen
sollte ? Etwa wirklich, wie Schiaparelli und Staigmüller anzu-
nehmen geneigt sind, das philolaische Zentralfeuer? Das ist mir
sehr unwahrscheinlich. Wir haben nicht die Spur eines Anhalts
dafür, daß Platon jemals an dieses und an die vornehmlich der
heiligen Zehnzahl zuliebe von den Pythagoreern erfundene Gegen-
erde geglaubt habe; wir wissen, daß er überhaupt kein unselb-
ständiger Schüler fremder Denker war, und bemerken, daß er
auch die Pythagoreer, von denen er in regem geistigem Verkehr
manches aufnahm, anderseits durch seine eigenen Gedanken stark
beeinflußt hat1. Erinnern wir uns dagegen an die begeisterten
Worte, mit denen Platon schon in der Politeia die Sonne preist,
während er dort noch kein Bedenken trägt, die Erde im Welt-
mittelpunkt ruhen zu lassen, so drängt sich der Gedanke auf, daß
eben sie, die Beherrscherin der sichtbaren Welt der die Erde, der
1 Es geschah z. B. wohl unter Platons Einfluß, daß einige Pythagoreer
eben um jene Zeit von der Lehre, daß ein unsichtbarer Feuerkörper die Welt-
mitte einnehme, um den in geringer Entfernung die Erde und Gegenerde,
viel weiter draußen im Weltraum aber die anderen Himmelskörper, ohne
Achsendrehung', sich bewegten, übergingen zu der Annahme, die Erde selbst
schließe das Zentralfeuer in sich und rolle als Hohlkugel um dieses um (womit
selbstverständlich auch die „Gegenerde“ beseitigt war).
ConstanTin Ritter:
mündlichen Unterricht in der Akademie wußte, der Meister habe
sich in den Jahren, wo er selbst zu seinen Schülern gehörte, viel
mit dem Gedanken einer Achsendrehung der Erde beschäftigt.
Trotzdem darf wohl nicht angenommen werden, daß Platon sich
zur Zeit der Abfassung der Nomoi im Gegensatz zu den Pythago-
reern, die er doch wohl meint unter den Lehrmeistern, denen er
seine Erkenntnisse verdanke, für ein geozentrisches System mit
rotierender Erde entschieden habe, und daß jener fraglichen Stelle
diese bestimmte Ausdeutung gegeben werden dürfe, vielmehr ist
es höchst wahrscheinlich, daß sein Geist damals unschlüssig zwi-
schen den zwei Auffassungen schwankte, die bei Abweisung der
scheinbaren Bewegung der Fixsternsphäre zunächst als gleich
möglich erschienen. Denn da Platon durch den Tod an der Vollen-
dung der Nomoi gehindert worden ist, kann jenes durch Plutarchos
übermittelte Zeugnis des Theophrastos auf keine spätere Lebens-
zeit gehen.
Was haben wir uns aber wohl unter jenem würdigeren und
besseren Himmelsgestirn zu denken, dem die Erde, wenn sie aus
dem Weltmittelpunkt verdrängt wurde, diesen Platz räumen
sollte ? Etwa wirklich, wie Schiaparelli und Staigmüller anzu-
nehmen geneigt sind, das philolaische Zentralfeuer? Das ist mir
sehr unwahrscheinlich. Wir haben nicht die Spur eines Anhalts
dafür, daß Platon jemals an dieses und an die vornehmlich der
heiligen Zehnzahl zuliebe von den Pythagoreern erfundene Gegen-
erde geglaubt habe; wir wissen, daß er überhaupt kein unselb-
ständiger Schüler fremder Denker war, und bemerken, daß er
auch die Pythagoreer, von denen er in regem geistigem Verkehr
manches aufnahm, anderseits durch seine eigenen Gedanken stark
beeinflußt hat1. Erinnern wir uns dagegen an die begeisterten
Worte, mit denen Platon schon in der Politeia die Sonne preist,
während er dort noch kein Bedenken trägt, die Erde im Welt-
mittelpunkt ruhen zu lassen, so drängt sich der Gedanke auf, daß
eben sie, die Beherrscherin der sichtbaren Welt der die Erde, der
1 Es geschah z. B. wohl unter Platons Einfluß, daß einige Pythagoreer
eben um jene Zeit von der Lehre, daß ein unsichtbarer Feuerkörper die Welt-
mitte einnehme, um den in geringer Entfernung die Erde und Gegenerde,
viel weiter draußen im Weltraum aber die anderen Himmelskörper, ohne
Achsendrehung', sich bewegten, übergingen zu der Annahme, die Erde selbst
schließe das Zentralfeuer in sich und rolle als Hohlkugel um dieses um (womit
selbstverständlich auch die „Gegenerde“ beseitigt war).