Platons Stellung zu den Aufgaben der Naturwissenschaft.
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Überzeugung, daß an den alten Sagen von Katastrophen, die fast
die ganze Erde heimsuchten, ein geschichtlicher Kern sei, und daß
sich namentlich Sintfluten von Zeit zu Zeit wiederholt und das
Menschengeschlecht bis auf spärliche Reste der im hohen Gebirg
wohnenden und deshalb wenig von der Kultur berührten Hirten
vernichtet haben. Die Zusammengehörigkeit von Mensch
und Tier wird auch im Politikos behauptet, damit daß (263d) ihre
Verteilung in zwei einander gegenübergestellte Unterarten des
Gattungsbegriffs lebender Wesen als logisch fehlerhaft hingestellt
wird. Zur Erläuterung bemerkt dort Platon noch folgendes:
Denken wir uns ein vernünftiges Tier, das von seinem Standpunkt
aus einteilte, schreiben wir etwa den Kranichen, die man für ver-
nünftig hält, solche Fähigkeit zu: gewiß würden diese sich auch als
bevorzugte Art besonders stellen und die Menschen mit allen
übrigen Arten lebender Wesen zusammenfassen. Das ist dieselbe
unbefangene Geistesfreiheit, die einst Xenophanes betätigt hat,
indem er die anthropomorphistischen Göttervorstellungen abwies
mit den Worten:
,,Ja, wenn sie Hände hätten, die Rinder, die Pferde und Löwen,
Um mit den Händen zu malen und, gleich wie wir, Werke zu schaffen:
Pferden gleich würden die Pferde und Rindern ähnlich die Rinder
Auch die Figuren der Götter sich malen und ihre Körper
Je nach dem Vorbild sich des eigenen Wuchses gestalten.“1
Und ebenso erinnert es merkwürdig an die spöttische Kritik,
mit der K. E. v. Bar2 die Zoologen bedacht hat, die die mannig-
fachen Formen des Tierreichs in eine einfache, von unten nach
oben aufsteigende Entwicklungsreihe einordnen wollten, um auf
deren Höhe den Menschen als die vollendete Gestalt erscheinen zu
lassen, die alle niederer stehenden in ihrer embryonalen Entwick-
lung wiederhole und schließlich überhole.
Auch Ansätze zu einer zoologischen Klassifikation
bietet uns der Politikos. Er teilt zuerst die Tiere in zahme und
wilde, nachher in einzeln lebende und in Herden lebende; die
Herdentiere dann weiter in Wasser-, Luft- und Erdbewohner; die
letzte Gruppe in gehörnte und ungehörnte; die gehörnten teilt er
einerseits in Huftiere und solche mit freien Zehen, anderseits ordnet
er sie nach dem Gesichtspunkt der möglichen Kreuzung durch
fruchtbare Begattung.
1 Diels, Vorsokr. I2, 49 f. 15.
2 Über Entwicklungsgeschichte der Tiere I, 1S28, S. 203.
Sitzungsberichte d. Heidelb. Akad., philos.-hist. Kl. 1919. 19 . Abh.
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Überzeugung, daß an den alten Sagen von Katastrophen, die fast
die ganze Erde heimsuchten, ein geschichtlicher Kern sei, und daß
sich namentlich Sintfluten von Zeit zu Zeit wiederholt und das
Menschengeschlecht bis auf spärliche Reste der im hohen Gebirg
wohnenden und deshalb wenig von der Kultur berührten Hirten
vernichtet haben. Die Zusammengehörigkeit von Mensch
und Tier wird auch im Politikos behauptet, damit daß (263d) ihre
Verteilung in zwei einander gegenübergestellte Unterarten des
Gattungsbegriffs lebender Wesen als logisch fehlerhaft hingestellt
wird. Zur Erläuterung bemerkt dort Platon noch folgendes:
Denken wir uns ein vernünftiges Tier, das von seinem Standpunkt
aus einteilte, schreiben wir etwa den Kranichen, die man für ver-
nünftig hält, solche Fähigkeit zu: gewiß würden diese sich auch als
bevorzugte Art besonders stellen und die Menschen mit allen
übrigen Arten lebender Wesen zusammenfassen. Das ist dieselbe
unbefangene Geistesfreiheit, die einst Xenophanes betätigt hat,
indem er die anthropomorphistischen Göttervorstellungen abwies
mit den Worten:
,,Ja, wenn sie Hände hätten, die Rinder, die Pferde und Löwen,
Um mit den Händen zu malen und, gleich wie wir, Werke zu schaffen:
Pferden gleich würden die Pferde und Rindern ähnlich die Rinder
Auch die Figuren der Götter sich malen und ihre Körper
Je nach dem Vorbild sich des eigenen Wuchses gestalten.“1
Und ebenso erinnert es merkwürdig an die spöttische Kritik,
mit der K. E. v. Bar2 die Zoologen bedacht hat, die die mannig-
fachen Formen des Tierreichs in eine einfache, von unten nach
oben aufsteigende Entwicklungsreihe einordnen wollten, um auf
deren Höhe den Menschen als die vollendete Gestalt erscheinen zu
lassen, die alle niederer stehenden in ihrer embryonalen Entwick-
lung wiederhole und schließlich überhole.
Auch Ansätze zu einer zoologischen Klassifikation
bietet uns der Politikos. Er teilt zuerst die Tiere in zahme und
wilde, nachher in einzeln lebende und in Herden lebende; die
Herdentiere dann weiter in Wasser-, Luft- und Erdbewohner; die
letzte Gruppe in gehörnte und ungehörnte; die gehörnten teilt er
einerseits in Huftiere und solche mit freien Zehen, anderseits ordnet
er sie nach dem Gesichtspunkt der möglichen Kreuzung durch
fruchtbare Begattung.
1 Diels, Vorsokr. I2, 49 f. 15.
2 Über Entwicklungsgeschichte der Tiere I, 1S28, S. 203.
Sitzungsberichte d. Heidelb. Akad., philos.-hist. Kl. 1919. 19 . Abh.
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