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Ritter, Constantin; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 19. Abhandlung): Platons Stellung zu den Aufgaben der Naturwissenschaft — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37696#0068
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Co is'sta nt in Ritter:

einer geschmeidigen, zwischen Knochen und Mark die Mitte ein-
haltenden, Mischung hergestellt sind. Die Knochen wurden in
drehbaren Gelenken durch Sehnen verbunden und damit der
ganze Körper beweglich gemacht, das Fleisch als Schutz gegen
Hitze (der seine Schweißabsonderung entgegenwirkt), Kälte und
Stoß darübergedeckt1. Die Überkleidung von Fleisch ist besonders
stark bei gelenklosen Knochen, deren Mark nur einen geringen
Gehalt von Seelensubstanz hat: bei den Gelenken würde die
Beweglichkeit durch dicke Polsterung beeinträchtigt, und Sinnen-
schärfe ist nach einem Gesetz der Natur mit starker Fleischumhül-
lung ebensowenig verträglich wie mit starker Knochenbedeckung;
sonst hätte vor allem müssen der Kopf des Menschen einen dik-
keren Knochenschutz und ein höheres Fleischpolster erhalten,
womit dem Menschen mindestens doppelt so lange Lebensdauer,
größere Gesundheit und Befreiung von vielen Schmerzen gewähr-
leistet wäre. Auch Sehnen wurden nur ganz unten am Kopf
angebracht, um die Kinnladen ihm beweglich anzuheften, im
übrigen wurden sie auf alle anderen Glieder verteilt. Der Mund
bekam seine Ausstattung mit Zähnen, Zunge und Lippen,
ebensowohl mit Rücksicht auf die Notwendigkeit, Speisen aufzu-
nehmen und zuzubereiten, als damit die Vernunft daran Werk-
zeuge zur Hervorbringung der Rede habe.
Um dem Kopf, der keine schwere Fleischdecke tragen durfte,
dafür einigen Ersatz zu geben, ist die Schwarte mit ihrem Haar-
pelz gebildet. Von inneren Teilen des Körpers wird der Atmungs-
und Verdauungsapparat, die Platon nicht zu scheiden vermag,
in folgender Weise geschildert: Auf beiden Seiten des die Lebens-
kräfte enthaltenden Marks (γόνιμος μυελός) sind längs des Rück-
grats Kanäle geführt, die auch nach den Gliedern Ausläufer schik-
ken und beim Übergang vom Rumpf in den Kopf sich verzweigen
und verschränken, um in Ermangelung von Sehnen am Kopfe
ein zusammenhaltendes Band zwischen ihm und dem Rumpfe und
zugleich eine doppelte Bahn für die Fortleitung von Empfindungen
herzustellen. Dieses ganze Kanalsystem hat ungefähr die Form
einer Fischreuse mit eingeschlossenem Doppelfang erhalten: der
eine Fang geht vom Mund aus in den Magen, der andere von den
beiden Nasenlöchern aus durch die Mundhöhle hindurch in die
Lunge. Der sie beide umschließende Hohlkörper ist nichts anderes
1 Letzteres vorzugsiveise aus Wasser, Feuer und Erde bestehend,
die Sehnen durch Mischung von Knochen und Fleisch gebildet.
 
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