Metadaten

Ritter, Constantin; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 19. Abhandlung): Platons Stellung zu den Aufgaben der Naturwissenschaft — Heidelberg, 1919

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.37696#0115
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Platons Stellung zu den Aufgaben der Naturwissenschaft.

115

Der echt naturwissenschaftlich „moderne“ Sinn, in dem Platon
seine Forschungen betrieb, bekundet sich auch in der verschiedent-
lich erteilten Mahnung, das Kleinste und Unbedeutendste
nicht zu verachten. Im Sophistes z. B. handelt es sich um eine
Übersicht über die verschiedenen Anwendungen der Reinigungs-
kunst, deren Werk darin besteht, unbrauchbare Beimischungen
aus einem Körper auszuscheiden. Zunächst war der Gymnastik
und der Heilkunst gedacht worden, die beide so unsern Leib rei-
nigen. Dann heißt es1: „Indes für den Gang der Untersuchung
liegt an der Schwammwäscherei nicht mehr und nicht weniger als
am Arzneitrinken (τη των λόγων μεΟόδω σπογγιστικής ή φαρμακο-
ποσίας ούδέν ήττον ούδέ τι μάλλον τυγχάνει μέλον), ob nun die eine
Reinigung uns geringen, die andere großen Nutzen bringt. Denn
um uns Einsicht in alle Künste zu verschaffen, suchen wir Ver-
wandtschaft und Nichtverwandtschaft derselben zu erkennen und
schätzen nach dieser Seite alle gleich und halten im Hinblick auf
die Ähnlichkeit die eine durchaus nicht für lächerlicher als die
andere. Darin, daß jemand die Jagdkunst lieber mittels der
Feldherrnkunst — gemeint ist, die Kunst: Menschen zu Ge-
fangenen zu machen — „anschaulich macht als mit dem Läuse-
fangen, sehen wir gar nichts Erhabeneres, sondern in der Regel
ist es eben Vornehmtuerei“ (σεμνότερον δέ τι τον διά στρατηγικής
ή φθειριστικής δηλοΰντα θηρευτικήν ούδέν νενόμικεν, άλλ’ ώς το πολύ
χαυνότερον). Ganz ähnliche Lehren geben uns der Politikos und
der Parmenides2. Ich kann mir nicht anders denken, als daß
άμφοΐν τοΐν έσχάτοιν έπίπροσθεν ή. Etwas ausführlicher, nicht mit der strengen
Knappheit einer Formel, wird Theait. 181c f. die κίνησις bestimmt als ent-
weder in Orts- oder in Eigenschaftsveränderung bestehend, Parm. 140b das
ϊσον als gleich an Maßeinheiten, das μεΐζον und έλαττον als an Maßeinheiten
reicher und ärmer oder, sofern es inkommensurabel (μή σύμμετρον) ist, von
größeren oder kleineren Maßeinheiten. Tim. 54e f. deutet eine Begriffsbestim-
mung des regulären Körpers an, die mit der von Theaitetos bei Eukleides XIII
epim. aufgebrachten σχήμα περιεχόμενον ύπό ισοπλεύρων τε καί ισογωνίων
ίσων άλλήλοις zusammenfällt, und gibt dazu noch die andere formelhafte
Feststellung: είδος στερεόν, δλου περιφερούς διανεμητικόν εις ΐσα μέρη καί δμοια
(vgl. darüber Eva Sachs, Die fünf platonischen Körper, S. 92 und 15, die
mit Recht auch bemerkt: „es erinnert ein wenig an Eukl. XI, def. 1 u. 2,
wenn er 53 c beginnt τό . . . τού σώματος είδος παν καί βάθος έχει (cf. στερεόν
έστι τό μήκος καί πλάτος καί βάθος εχον), τό δέ βάθος αύ πάσα άνάγκη τήν έπίπεδον
περιειληφέναι φύσιν (cf. στερεού δέ πέρας έπιφάνεια).” — Die Definition der ψυχή
aus Nom. 896e ist oben S. 19 A. 4 angegeben.
1 227 a b.
2 Übrigens wird man gerade aus der Darstellung dieses Dialogs, 130 c d,
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften