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Jänecke, Wilhelm; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 20. Abhandlung): Die ursprüngliche Gestalt des Tropaion von Adamklissi — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37697#0012
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12

W. Jänecke:

Augustus wie Trajan (Apollodor von Damaskus) zur Verfügung
standen, ohne zwingende Gründe einen derartig groben Verstoß
gegen anerkannte Proportionsregeln gemacht hätten. Denkt man
sich den Rundbau fort und den quadratischen Kernbau als Unter-
bau des sechseckigen Aufsatzes bloßgelegt (Abb. 6), so tritt die
beabsichtigte ursprüngliche Dreiteilung1 hervor, wie sie bei an-
tiken Denkmalbauten die übliche war: schlichter Unterbau mit
Stufen oder Sockelabsätze, darüber das mehr oder weniger reich
durchgebildete Hauptgeschoß, endlich der bekrönende Aufsatz
mit plastischem Schmuck. Ebenso zeigt der Rundbau, für sich
betrachtet, diese Dreiteilung, wobei das Kegeldach als Spitze an-
zusehen ist. Das feinere Abwägen der Höhenverhältnisse und
die ganze sorgfältigere Ausführung lassen darauf schließen, daß
man sich hier mehr Zeit gönnen konnte als bei der Ausführung
des Kernbaues.
Betrachten wir die Verschiedenartigkeiten von Kernbau und
Mantelbau weiter! Auch der Verlauf der Diagonalen im Aufriß des
Kernbaues stimmt nicht entfernt mit dem am Mantelbau überein,
während man doch sonst bei den antiken Monumentalbauten zwar
nicht nach einer schematischen Gleichheit dieses Verlaufes, aber
doch nach möglichster Parallelität, d. h. nach ähnlichen Breiten- und
Höhenverhältnissen der Hauptbauteile strebte2. Das ist um so
auffallender, als die einzelnen Bauteile am Kern- und Mantelbau
die strenge Durchführung dieser Parallelität erkennen lassen
(s. Abb. 4 u. 5). Das Verhältnis von Breite und Höhe zwischen
den Pilastern der Inschrifttafel wiederholt sich ebenso genau am
ganzen Tropaion-Untersatz wie in dieser Hinsicht die Verhältnisse
an den Zinnen und Friesen mit denen am ganzen Rundbau überein-
stimmen. Unter sich aber weichen beide Diagonalrichtungen a undb

1 Bruno Schulz macht in seiner hervorragenden Arbeit über „das
Grabmal des Theoderich zu Ravenna“ (Darst. früh- u. vorgeschichtl.
Kultur-, Kunst- und Völkerentwickl., herausgeg. von Prof. Dr. Gustaf
Ivossinna, 3. Heft. Würzburg. Verl. Kabitzsch, 1911) S. 6—10 darauf auf-
merksam, daß sich bei den antiken Grabmalbauten häufig eine Vier-
teilung findet, indem unter der bekrönenden Spitze noch ein niedriger,
schlicht gehaltener Bauteil eingeschoben ist, der den Zweck hat, den
Umriß an dieser Stelle zu verjüngen und zur Spitze überzuleiten. Das
würde für die von mir auf Abb. 7 gezeichnete Lösung sprechen.
2 S. die Neuauffindung und eingehende Begründung dieser zuerst von
Euklid gelehrten Regel bei August Thiersch „Proportionen in der Archi-
tektur“ im Handbuche der Architektur IV. Teil, 1. Abt., 2. Abschnitt.
 
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