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Koch, Hugo; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 22. Abhandlung): Kallist und Tertullian: ein Beitrag zur Geschichte der altchristlichen Bußstreitigkeiten und des römischen Primats — Heidelberg, 1920

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https://doi.org/10.11588/diglit.37699#0088
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Hugo Koch:

Bischof Viktor im Osterfeierstreit mit seinem Anspruch, die Sitte
der Kirche und die Zugehörigkeit zur katholischen Gemeinschaft
zu bestimmen, eine gründlicheAblehnung erfahren (vghmeineBemer-
kungen in der Ztschr. f. wiss. Theoh, 1913, 309 ff.). Möglich und
erträglich ist die von Vanbeck (RHLC., 1912, 367) gewählte
Wendung, der Bischof von Karthago werde die römische Kund-
gebung frohlockend gezeigt und auf sie als von der ersten Kirche
des römischen Reiches und dem angesehensten Bischof der Christen-
heit stammend hingewiesen haben, was den mit Verzerrung ge-
mischten Spott Tertullians erkläre. Der bekannte Brauch, sich
da auf Roms Stimme zu berufen, wo sie einem gelegen kommt,
würde damit hier zum erstenmal in die Erscheinung treten1.
1 Vanbeck glaubt, daß der Bischof von Karthago sich an deh römischen
Bischof gewandt und dieser daraufhin seine Handlungsweise mitgeteilt und
erklärt habe. „Dans les circonstances delicates les öveques des principaux
sieges se consultaient mutuellement et se pretaient appuit.“ H. Achelis
(Das Christentum in den ersten drei Jahrhunderten, 1912, II, 129): „Kallist
hat, wie wir erfahren, seinem nächststehenden Kollegen, dem Bischof von
Karthago, eine Mitteilung zugehen lassen über die Zustände in der römischen
Gemeinde und seine Stellungnahme —- das wird das peremptorische Edikt
sein, über das Tertullian spottet.“ H. v. Soden (Theol. Litztg., 1916, 174):
„Ja handelt es sich denn überhaupt um ein Edikt? Könnten die Worte
,ego etc.‘ nicht etwa ebenso gut ein aus seinem Zusammenhang gerissener
und ironisch zu einem Edikt erhobener Satz aus einem römischen Schreiben
sein, wie wir ähnliche mehrfach in der cyprianischen Briefsammlung finden ?“
Ed. Herzog (Internat, kirchl. Ztschr., 1912, 215): „Ebensowenig wie sich
Kallist den Titel Pontifex Maximus gab, sich als den ,Bischof der Bischöfe“
bezeichnete und ein ,peremptorisches Edikt“ erlassen haben wollte, hat er
sich dadurch vor der ganzen christlichen Kirche lächerlich gemacht, daß er
sagte: ego moechiae et fornicationis delicta dimitto. Er hat im Gegensatz
zu der bisherigen und allgemeinen Praxis der christlichen Kirche auch noto-
rische Ehebrecher und Hurer zur Buße zugelassen und ihnen nach Ablauf
der Bußzeit die Rekonziliation nicht versagt; aber das ego dimitto legt ihm
Tertullian in den Mund, um auch damit sein eigenmächtiges Verfahren recht
grell zu beleuchten.“ Auch Ernst (Cyprian und das Papsttum, 1912, 91 A. 2)
fragt: ,Ja ist es denn so ausgemacht, daß das ,peremptorische Edikt“ die
Wiederaufnahme der Fleischessünder nicht bloß für zulässig, sondern für
absolut pflichtmäßig erklärte?“ Aber es scheint doch irgend eine Wendung,
sei es Kallists selber, sei es der sich auf ihn berufenden Katholiken gewesen
zu sein, die Tertullian zum Spotte über den „Bischof der Bischöfe“ und ein
„peremptorisches Edikt“ veranlaßte. Darum nimmt Langen (Geschichte
der römischen Kirche bis zum Pontifikat Leos I., 1881, 222), der im übrigen
auch nicht der Ansicht ist, daß der römische Bischof sein ,Edikt“ zum Gesetz
für alle Kirchen habe machen wollen, doch wieder an, daß dieses nach Tertullian
„eine den Anordnungen Christi widersprechende Bußdisziplin (in Rom), und
 
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