Metadaten

Jacobs, Emil [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 24. Abhandlung): Untersuchungen zur Geschichte der Bibliothek im Serai zu Konstantinopel, 1 — Heidelberg, 1919

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.37730#0014
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
6

Einleitung.

„Das Hauptinteresse, welches sich an die Bibliothek des
Serails knüpft“ — so schreibt Friedrich Blass 18881 — „beruht
auf der Vermutung, daß die alte Bibliothek der Palaeologen sich
hier wenigstens in Resten noch befinden möchte. Eine Vernichtung
derselben durch den Eroberer Mohammed II. hat in der Tat gar
keine Wahrscheinlichkeit, da dieser Fürst vielmehr ein Freund
der Wissenschaften war, und auch der griechischen Bildung
keineswegs fremd.“
Bei dem Hinweis auf des Abbate Toderini 1787 erschienene
Letteratura turchesca2, den Blass für die Bildung Mehemmeds gibt,
hat man sich, wie es scheint, bis heute zu beruhigen für richtig
gehalten.
Wie alt ist denn jener Glaube, jene Vermutung?
Nicht älter als das 17. Jahrhundert! Wohl weiß Cuspinian
in seinem wahrscheinlich 1523 geschriebenen, aber erst 1540 er-
schienenen Constantinus Octavus zu berichten3, daß Mehemmed
nach der Eroberung der Stadt einen Befehl erließ, ut regia supellex,
omnisque sacrarum aedium ornatus, monimentaque illaesa serva-
rentur, neve milites ea diriperent, und in der Tat haben sich die
Reliquien, die Cuspinian als im Kloster Johannes des Täufers
vorhanden und auf Mehemmeds Geheiß inter gazas regias d. h.
des Sultans aufbewahrt erwähnt, dextra praecursoris sancti Jo-
hannis . . . ac lanceae ferrum, wirklich im Serai angefunden: die
1 Die griechischen und lateinischen Handschriften im alten Serail zu
Konstantinopel, in: Hermes, Bd. 23, Berlin 1888, S. 232.
2 Toderini a. a. 0. II S. 41: Maometto II. conquistatore di Costantino-
poli ... ne incendid, ne distrusse Vabitazione antica del Greci Imperatori, ne la
loro Biblioteca. — Über Toderini bringt eingehenderes der zweite Teil dieser
Un t ersuchungen.
3 Joannis Cuspiniani de Caesaribus atque Imperatoribus Romanis.
1540 S. DCXXXI. Das Datum der Abfassung nach gütiger Mitteilung von
Dr. Ankwicz-Kleehoven, Wien. Cuspinian ist die Quelle für Guillet: Histoire
du regne de Mahomet II ... T. 1. Paris 1681 S. 238. Nach Guillet, aber
ohne Quellenangabe Lebeau: Histoire du Bas-Empire. Nouv. ed. par M. de
Saint-Martin, continuö par M. Brosset jne. T. 21 Paris 1836 S. 284. Auf eine
Kritik der ganzen, von Irrtümern nicht freien Notiz Cuspinians kann ich hier
nicht eingehen. — Daß Cuspinian, der Gelehrte und Büchersammler, die
Palaeologenbibliothek stillschweigend als in die regia supellex miteinbeschlossen
hätte verstanden wissen wollen, wird niemand zu behaupten wagen. — Die
genannten Reliquien sah Cristoforo Buondelmonti um 1420 im Kloster
Johannes des Täufers zu Konstantinopel, vgl. seinen Liber insularum archi-
pelagi ed. Sinner. Berlin 1824 S. 124.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften