Alte und neue Märchen.
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Altertums* 1. Auch Pastor in seiner Geschichte der Päpste2 spricht
von dem ausgesetzten Preise unter Berufung auf eine sekundäre
Quelle, der er ein auf Naldis Leben des Manetti weisendes Zitat
Muratori XX. 593, hinzufügt. Aber auch bei Naldi3 steht keine
Silbe von Matthäus und den 5000 Dukaten! —
So also ist es um die Nachricht von der Suche Nikolaus V.
nach dem hebräischen Matthäus bestellt. Allerdings hat der Papst
es noch erlebt, wie im Juli 1454 ein griechisches Evangeliar in
kostbarem Einband, angeblich zur Zeit Konstantin des Großen
geschrieben und bis kurz vor der Eroberung im byzantinischen
Kaiserhause bewahrt, dann von einem gentile uomo di Costantino-
poli, Marco Gastinselmo, der zum Hofe des letzten Kaisers gehört
zu haben behauptete, aus seinem Versteck in Konstantinopel
gerettet, mit großer Feierlichkeit im Palast der Signorie zu Florenz
neben der berühmten Pandektenhandschrift niedergelegt wurde,
und ein paar Kardinäle aus der päpstlichen Umgebung sollen
damals angesichts dieses aus dem Kloster Corporis Christi (früher
S. Silvestris) stammenden, allenfalls dem XI. Jahrhundert ange-
hörenden Codex Laur. Medic. Palat. 243 von einem Original der
griechischen Übersetzung aus dem Hebräischen geredet haben4.
Woher aber hat Tischendorf die nirgends überlieferte Nachricht,
man habe Nikolaus V. gesagt, der hebräische Matthäus sei in die
Schätze des Serai geraten? Nikolaus V. starb am 25. März 1455;
damals war das Alte Serai noch nicht vollendet, das Neue im Bau
noch gar nicht begonnen!
Man hat im Abendlande geglaubt, daß das hebräische Matthäus-
Evangelium einst in Konstantinopel, — im Kaiserpalast vorhanden
vgl. J. Pagnotti, La vita di Niccolö V scritta da Giannozzo Manetti. Studio
preparatorio alla nuova edizione critica, in: Archivio della R. Societä Romana
di Storia patria XIV., 1891, S. 411 ff.
1 II3, Berlin 1893, S. 203 A. 4.
2 I3. 4, Freiburg i. B. 1901, S. 541, nach A. F. Rio, De Part chretien.
Nouv. ed. T. II, Paris 1874, S. 24, wo keine Quelle genannt wird. — Ebenso
Joseph Hilgers, Die Vaticana und ihr Gründer, in: Stimmen aus Maria-
Laach, Bd. 60, 1901, S. 380, Kl. Löffler, Papst Nikolaus V. als Bücher-
freund, in: Ztschr. f. Bücherfreunde N. F. 1909 S. 176, ohne Quellenangabe.
3 Rer. Ital. Script, ed. Muratori T. XX, S. 593.
4 Vgl. die zeitgenössische Erzählung bei Jorga: Notes et extraits p. s.
ä l’hist. des croisades au XVe. s. Serie III. 1902 S. 326. 327. A. 1; A. M.
Bandini: Illustrazione di due evangeliarj greci. Venedig 1787 S. 7—12; Gre-
gory: Textkritik des N. T. I S. 397 Nr. 118.
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Altertums* 1. Auch Pastor in seiner Geschichte der Päpste2 spricht
von dem ausgesetzten Preise unter Berufung auf eine sekundäre
Quelle, der er ein auf Naldis Leben des Manetti weisendes Zitat
Muratori XX. 593, hinzufügt. Aber auch bei Naldi3 steht keine
Silbe von Matthäus und den 5000 Dukaten! —
So also ist es um die Nachricht von der Suche Nikolaus V.
nach dem hebräischen Matthäus bestellt. Allerdings hat der Papst
es noch erlebt, wie im Juli 1454 ein griechisches Evangeliar in
kostbarem Einband, angeblich zur Zeit Konstantin des Großen
geschrieben und bis kurz vor der Eroberung im byzantinischen
Kaiserhause bewahrt, dann von einem gentile uomo di Costantino-
poli, Marco Gastinselmo, der zum Hofe des letzten Kaisers gehört
zu haben behauptete, aus seinem Versteck in Konstantinopel
gerettet, mit großer Feierlichkeit im Palast der Signorie zu Florenz
neben der berühmten Pandektenhandschrift niedergelegt wurde,
und ein paar Kardinäle aus der päpstlichen Umgebung sollen
damals angesichts dieses aus dem Kloster Corporis Christi (früher
S. Silvestris) stammenden, allenfalls dem XI. Jahrhundert ange-
hörenden Codex Laur. Medic. Palat. 243 von einem Original der
griechischen Übersetzung aus dem Hebräischen geredet haben4.
Woher aber hat Tischendorf die nirgends überlieferte Nachricht,
man habe Nikolaus V. gesagt, der hebräische Matthäus sei in die
Schätze des Serai geraten? Nikolaus V. starb am 25. März 1455;
damals war das Alte Serai noch nicht vollendet, das Neue im Bau
noch gar nicht begonnen!
Man hat im Abendlande geglaubt, daß das hebräische Matthäus-
Evangelium einst in Konstantinopel, — im Kaiserpalast vorhanden
vgl. J. Pagnotti, La vita di Niccolö V scritta da Giannozzo Manetti. Studio
preparatorio alla nuova edizione critica, in: Archivio della R. Societä Romana
di Storia patria XIV., 1891, S. 411 ff.
1 II3, Berlin 1893, S. 203 A. 4.
2 I3. 4, Freiburg i. B. 1901, S. 541, nach A. F. Rio, De Part chretien.
Nouv. ed. T. II, Paris 1874, S. 24, wo keine Quelle genannt wird. — Ebenso
Joseph Hilgers, Die Vaticana und ihr Gründer, in: Stimmen aus Maria-
Laach, Bd. 60, 1901, S. 380, Kl. Löffler, Papst Nikolaus V. als Bücher-
freund, in: Ztschr. f. Bücherfreunde N. F. 1909 S. 176, ohne Quellenangabe.
3 Rer. Ital. Script, ed. Muratori T. XX, S. 593.
4 Vgl. die zeitgenössische Erzählung bei Jorga: Notes et extraits p. s.
ä l’hist. des croisades au XVe. s. Serie III. 1902 S. 326. 327. A. 1; A. M.
Bandini: Illustrazione di due evangeliarj greci. Venedig 1787 S. 7—12; Gre-
gory: Textkritik des N. T. I S. 397 Nr. 118.