Tavernier und die Bücher im Schatzhaus.
107
Y.
Jean-Baptiste Tavernier und die Bücher im Schatzhaus
des Serai.
Jean-Baptiste Tavernier (1613 — 1689) war einer der be-
deutendsten französischen Reisenden des 17. Jahrhunderts1. Sechs
große Reisen hat er ausgeführt nach dem Orient, insbesondere nach
Persien und Indien, die erste 1631 — 1633, die zweite 1638 — 1643,
die dritte 1643—1649, die vierte 1651 —1655, die fünfte 1657 bis
1662 ( ?), die sechste 1664—1668. Seiner Zeit erschien er mit Recht
als ein ganz außerordentlicher Mann, Louis XIV. hat ihn — den
Protestanten — geadelt, der Große Kurfürst von Brandenburg ihn
zum Kammerherrn gemacht und zum Leiter seiner ostindischen
Unternehmungen ausersehen. Er war Kaufmann, nicht Forschungs-
reisender, aber sein klarer Blick, seine scharfe Beobachtungsgabe,
vor allem seine unstillbare Wißbegierde, die ihn überall mit emsigem
Eifer Erkundigungen einziehen hieß, geben seinen Mitteilungen
einen Wert, der auch heute noch gilt. Sie sind niedergelegt in Les
Six Voyages de Jean-Baptiste Tavernier, escuyer, baron d1 Aubonne,
qiTil a fait en Turquie, en Perse et aux Indes . . ., die zuerst 1676
in Paris erschienen, dann des öfteren wieder aufgelegt und auch
ins Englische (zuerst 1676), Deutsche (1681) und Italienische (1682)
übertragen wurden. Ergänzt werden sie durch einige Relations,
von denen fünf später (1679), eine, eben die, welche uns hier angeht,
früher, 1675, erschienen ist. Wie weit an der Redaktion dieser
Schriften Samuel Chappuzeau beteiligt ist, braucht uns hier nicht
zu kümmern, der Inhalt, das Sachliche gehört, wie erwiesen,
Tavernier allein. Auch Taverniers von verschiedenen Seiten an-
gegriffene Glaubwürdigkeit, steht von zahlreichen, aber erklär-
lichen Irrtümern abgesehen, außer Frage, und für den hier allein
in Betracht kommenden Bericht läßt sie sich insbesondere auf das
unzweifelhafteste erweisen.
Die Arbeit an den Six Voyages hat Tavernier, bald nachdem
er mit dem Erwerb der Baronnie d’Aubonne seßhaft geworden
(1670), begonnen, bevor er sie aber erscheinen ließ, stellte er ein
kleineres Werk fertig, das ihm ganz besonders am Herzen lag, die
Nouvelle Relation de VInterieur du Serrail du Grand Seigneur, sie
1 Vgl. zum folgenden: Charles Joret, Jean-Baptiste Tavernier, ecuyer,
baron d’Aubonne chambellan du Grand Electeur, d’apres des documents
nouveaux et inedits. Paris 1886.
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Y.
Jean-Baptiste Tavernier und die Bücher im Schatzhaus
des Serai.
Jean-Baptiste Tavernier (1613 — 1689) war einer der be-
deutendsten französischen Reisenden des 17. Jahrhunderts1. Sechs
große Reisen hat er ausgeführt nach dem Orient, insbesondere nach
Persien und Indien, die erste 1631 — 1633, die zweite 1638 — 1643,
die dritte 1643—1649, die vierte 1651 —1655, die fünfte 1657 bis
1662 ( ?), die sechste 1664—1668. Seiner Zeit erschien er mit Recht
als ein ganz außerordentlicher Mann, Louis XIV. hat ihn — den
Protestanten — geadelt, der Große Kurfürst von Brandenburg ihn
zum Kammerherrn gemacht und zum Leiter seiner ostindischen
Unternehmungen ausersehen. Er war Kaufmann, nicht Forschungs-
reisender, aber sein klarer Blick, seine scharfe Beobachtungsgabe,
vor allem seine unstillbare Wißbegierde, die ihn überall mit emsigem
Eifer Erkundigungen einziehen hieß, geben seinen Mitteilungen
einen Wert, der auch heute noch gilt. Sie sind niedergelegt in Les
Six Voyages de Jean-Baptiste Tavernier, escuyer, baron d1 Aubonne,
qiTil a fait en Turquie, en Perse et aux Indes . . ., die zuerst 1676
in Paris erschienen, dann des öfteren wieder aufgelegt und auch
ins Englische (zuerst 1676), Deutsche (1681) und Italienische (1682)
übertragen wurden. Ergänzt werden sie durch einige Relations,
von denen fünf später (1679), eine, eben die, welche uns hier angeht,
früher, 1675, erschienen ist. Wie weit an der Redaktion dieser
Schriften Samuel Chappuzeau beteiligt ist, braucht uns hier nicht
zu kümmern, der Inhalt, das Sachliche gehört, wie erwiesen,
Tavernier allein. Auch Taverniers von verschiedenen Seiten an-
gegriffene Glaubwürdigkeit, steht von zahlreichen, aber erklär-
lichen Irrtümern abgesehen, außer Frage, und für den hier allein
in Betracht kommenden Bericht läßt sie sich insbesondere auf das
unzweifelhafteste erweisen.
Die Arbeit an den Six Voyages hat Tavernier, bald nachdem
er mit dem Erwerb der Baronnie d’Aubonne seßhaft geworden
(1670), begonnen, bevor er sie aber erscheinen ließ, stellte er ein
kleineres Werk fertig, das ihm ganz besonders am Herzen lag, die
Nouvelle Relation de VInterieur du Serrail du Grand Seigneur, sie
1 Vgl. zum folgenden: Charles Joret, Jean-Baptiste Tavernier, ecuyer,
baron d’Aubonne chambellan du Grand Electeur, d’apres des documents
nouveaux et inedits. Paris 1886.