Heidnisch-antike Weissagung in Wort und Bild zu Luthers Zeiten. 65
klassische Heilpflanze gegen die Melancholie122 und sie schützt sich
im Sinne Ficinos durch jenes magische Zahlenquadrat vor dem
bösartigen Einfluß des Saturn.
Wie eine späte Bilderscholie zur Ode des Horaz an Maecenas123
mutet uns diese echt antike astrologische Idee an
te Jovis impio
tutela Saturno refulgens
eripuit volucrisque Fati
tardavit alas.
Garion und Zebel. — Melanchthon und Alkindi.
Bei unserem Versuch, die verschollene Wanderstraße der
antiken astralen Götterwelt freizulegen, fanden wir ein weiteres
Kapitel aus jenen Handbüchern angewandter Kosmologie, deren
enzyklopädischer Zusammenhalt in der Kultur des Hellenismus zu
suchen ist. Wie der „Picatrix“ zu Maximilian und Dürer führt,
so leitet das Weissagungsbuch des Arabers Zebel zu Carion und
Joachim I. Eine deutsche Übersetzung ist uns in einer Pracht-
handschrift erhalten (Berlin, Preuß. Staatsbibi., Lat. 4°. 322).
In richtiger Würdigung ihrer künstlerischen Kostbarkeit gab 1914
der Verein der Freunde der Berliner Bibliothek eine Seite davon in
Farbendruck heraus124. Es ist ein Vorzeichenbuch, zurückgehend auf
Abü 'Otmän Sahl b. Bisr b. Habib b. Häm125, der um die Mitte des
9. Jahrhunderts in Bagdad lebte; latinisiert wird er Zebel der
Araber genannt. Die Bilder (vgl. Abb. 28) sind Illustrationen zu
42 Omina, die für jeden Monat anders ausgelegt werden, z. B.:
,,Wenn ein Hahn kräht, so bedeutet das keine guten neuen Nach-
richten, Aufstand im Volk und Furcht“ oder: „Wenn das Auge
zwizzert und vipert, dann gibt es gute und angenehme Nachrichten“.
— Diese Prachthandschrift war nun für den Brandenburgischen
Kurfürsten Joachim I. geschrieben, wie die Wappen beweisen,
122 Bittersüßer Nachtschatten (Solanum dulcamara). Vgl. Paul Weber,
Beitr. zu Dürers Weltanschauung (Stud. z. deutsch. Kunstgesch., Heft 23)
Straßburg 1900, S. 83 und Ferd. Cohn, Die Pflanzen in der bild. Kunst
(Deutsche Rundschau 25 [1898], 1, 64).
123 jp 17 22 ff. Zuletzt behandelt von F. Boll, Sternenfreundschaft.
Ein Horatianum in „Sokrates“ V (1917), S. 1—10 u. 458.
124 Jahresgabe f. d. Ver. d. Freunde d. Kgl. Bibi., 1914. Das Rankenwerk
und die Figuren, die den Text einrahmen, sind wahrscheinlich von Schäuffelein.
125 Vgl. Suter a. a. O. S. 15.
Sitzungsberichte der Heidelberger Akad., philos.-bist. Kl. 1919. 26, Abb.
5
klassische Heilpflanze gegen die Melancholie122 und sie schützt sich
im Sinne Ficinos durch jenes magische Zahlenquadrat vor dem
bösartigen Einfluß des Saturn.
Wie eine späte Bilderscholie zur Ode des Horaz an Maecenas123
mutet uns diese echt antike astrologische Idee an
te Jovis impio
tutela Saturno refulgens
eripuit volucrisque Fati
tardavit alas.
Garion und Zebel. — Melanchthon und Alkindi.
Bei unserem Versuch, die verschollene Wanderstraße der
antiken astralen Götterwelt freizulegen, fanden wir ein weiteres
Kapitel aus jenen Handbüchern angewandter Kosmologie, deren
enzyklopädischer Zusammenhalt in der Kultur des Hellenismus zu
suchen ist. Wie der „Picatrix“ zu Maximilian und Dürer führt,
so leitet das Weissagungsbuch des Arabers Zebel zu Carion und
Joachim I. Eine deutsche Übersetzung ist uns in einer Pracht-
handschrift erhalten (Berlin, Preuß. Staatsbibi., Lat. 4°. 322).
In richtiger Würdigung ihrer künstlerischen Kostbarkeit gab 1914
der Verein der Freunde der Berliner Bibliothek eine Seite davon in
Farbendruck heraus124. Es ist ein Vorzeichenbuch, zurückgehend auf
Abü 'Otmän Sahl b. Bisr b. Habib b. Häm125, der um die Mitte des
9. Jahrhunderts in Bagdad lebte; latinisiert wird er Zebel der
Araber genannt. Die Bilder (vgl. Abb. 28) sind Illustrationen zu
42 Omina, die für jeden Monat anders ausgelegt werden, z. B.:
,,Wenn ein Hahn kräht, so bedeutet das keine guten neuen Nach-
richten, Aufstand im Volk und Furcht“ oder: „Wenn das Auge
zwizzert und vipert, dann gibt es gute und angenehme Nachrichten“.
— Diese Prachthandschrift war nun für den Brandenburgischen
Kurfürsten Joachim I. geschrieben, wie die Wappen beweisen,
122 Bittersüßer Nachtschatten (Solanum dulcamara). Vgl. Paul Weber,
Beitr. zu Dürers Weltanschauung (Stud. z. deutsch. Kunstgesch., Heft 23)
Straßburg 1900, S. 83 und Ferd. Cohn, Die Pflanzen in der bild. Kunst
(Deutsche Rundschau 25 [1898], 1, 64).
123 jp 17 22 ff. Zuletzt behandelt von F. Boll, Sternenfreundschaft.
Ein Horatianum in „Sokrates“ V (1917), S. 1—10 u. 458.
124 Jahresgabe f. d. Ver. d. Freunde d. Kgl. Bibi., 1914. Das Rankenwerk
und die Figuren, die den Text einrahmen, sind wahrscheinlich von Schäuffelein.
125 Vgl. Suter a. a. O. S. 15.
Sitzungsberichte der Heidelberger Akad., philos.-bist. Kl. 1919. 26, Abb.
5