Hebräische Handpsalter Luthers.
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wird, so läßt sich auch nach rückwärts die Grenze ihrer Ent-
stehung verfolgen. Zunächst durch seine früheren Arbeiten an
den Psalmen, in denen die Randbemerkungen sich wiedererkennen
lassen. Die zu 6, 8 angezogene Parallelstelle ist wörtlich in den
Operationes in psalmos von 1519 zu finden1, und die Übertragungen
von 37, 1 und 7 sind schon in der Auslegung des Psalmen von
1521 verwendet2. Vielleicht, daß diese Stellen nicht als unmittel-
bare Weitergabe beurteilt zu werden brauchen, aber auch andere
Übereinstimmungen lassen die Operationes als vorausgesetzt er-
kennen3. Was hier erworben ist (besonders aus Hieronymus), ist
fester Besitz geworden. Auch sprachlich ist ein Fortschreiten
deutlich in der Fortführung der hier begonnenen, mit dem Grund-
texte arbeitenden Auslegung: sie ist jetzt sicherer und freier
geworden.
Was sich in den deutschen Ausdrücken der Glossen mit den
vorausgegangenen Psalmenauslegungen und mit dem Psalter von
1524 vergleichen läßt, zeigt dieses Fortschreiten und zugleich,
daß jene hierfür die Voraussetzungen abgeben. Ein Beispiel mag
Ps. 51,6 sein. Noch das Betbüchlein (1522) hat: „von den bluti-
gen"4. Danziger Glosse: „Sanguinibus i. e. reatu homicidii“.
Psalmen 1524: „Blutschuldige“. Und rein formell — wie gering-
fügig und doch wie eindrucksvoll die Änderung in Ps. 37, 5!
Zum ersten Male ist die schöne, unverbundene Fassung gewonnen:
er wirts wol machen5. Die verhältnismäßig reichliche Verwen-
dung von Zitaten aus Genesis und Deuteronomium erklärt sich
aus der Übersetzung dieser Bücher 1523 und aus den Vorlesungen,
die Luther um die gleiche Zeit über das fünfte Buch Moses’
hielt. Noch bestimmteren Anhalt für die Zeit und zugleich für die
Veranlassung der Glossen gibt die von Luther verwendete Litera-
tur. Auch in diesen Glossen ist eigenes Gut Luthers, eigenes
Verständnis. Anderes aber ist von anderen Gewonnenes, von ihm
selbständig verarbeitet oder ohne weiteres, ohne Änderung über-
nommen. Luther war selbst viel zu reich, als daß er nicht reichen
Gewinn aus der Arbeit anderer hätte ziehen mögen, wenn es nur
1 Ps. 30, 5.
2 Erzürne dich nit, s. W. A. 8, S. 214, Muttwille, s. ebenda S. 216.
3 Vgl. 7, 5 (sanguinem fudi); 8,3; 10,4.5.10; 17,3; 21,16; W. A. 5,
S. 261. 331. 337. 343. 369. 632.
4 W. A. 10, II, S. 413.
5 1521: so wirt ers woll machen, W. A. 8, S. 216.
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wird, so läßt sich auch nach rückwärts die Grenze ihrer Ent-
stehung verfolgen. Zunächst durch seine früheren Arbeiten an
den Psalmen, in denen die Randbemerkungen sich wiedererkennen
lassen. Die zu 6, 8 angezogene Parallelstelle ist wörtlich in den
Operationes in psalmos von 1519 zu finden1, und die Übertragungen
von 37, 1 und 7 sind schon in der Auslegung des Psalmen von
1521 verwendet2. Vielleicht, daß diese Stellen nicht als unmittel-
bare Weitergabe beurteilt zu werden brauchen, aber auch andere
Übereinstimmungen lassen die Operationes als vorausgesetzt er-
kennen3. Was hier erworben ist (besonders aus Hieronymus), ist
fester Besitz geworden. Auch sprachlich ist ein Fortschreiten
deutlich in der Fortführung der hier begonnenen, mit dem Grund-
texte arbeitenden Auslegung: sie ist jetzt sicherer und freier
geworden.
Was sich in den deutschen Ausdrücken der Glossen mit den
vorausgegangenen Psalmenauslegungen und mit dem Psalter von
1524 vergleichen läßt, zeigt dieses Fortschreiten und zugleich,
daß jene hierfür die Voraussetzungen abgeben. Ein Beispiel mag
Ps. 51,6 sein. Noch das Betbüchlein (1522) hat: „von den bluti-
gen"4. Danziger Glosse: „Sanguinibus i. e. reatu homicidii“.
Psalmen 1524: „Blutschuldige“. Und rein formell — wie gering-
fügig und doch wie eindrucksvoll die Änderung in Ps. 37, 5!
Zum ersten Male ist die schöne, unverbundene Fassung gewonnen:
er wirts wol machen5. Die verhältnismäßig reichliche Verwen-
dung von Zitaten aus Genesis und Deuteronomium erklärt sich
aus der Übersetzung dieser Bücher 1523 und aus den Vorlesungen,
die Luther um die gleiche Zeit über das fünfte Buch Moses’
hielt. Noch bestimmteren Anhalt für die Zeit und zugleich für die
Veranlassung der Glossen gibt die von Luther verwendete Litera-
tur. Auch in diesen Glossen ist eigenes Gut Luthers, eigenes
Verständnis. Anderes aber ist von anderen Gewonnenes, von ihm
selbständig verarbeitet oder ohne weiteres, ohne Änderung über-
nommen. Luther war selbst viel zu reich, als daß er nicht reichen
Gewinn aus der Arbeit anderer hätte ziehen mögen, wenn es nur
1 Ps. 30, 5.
2 Erzürne dich nit, s. W. A. 8, S. 214, Muttwille, s. ebenda S. 216.
3 Vgl. 7, 5 (sanguinem fudi); 8,3; 10,4.5.10; 17,3; 21,16; W. A. 5,
S. 261. 331. 337. 343. 369. 632.
4 W. A. 10, II, S. 413.
5 1521: so wirt ers woll machen, W. A. 8, S. 216.