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Otto Cartellieri:
nennungsdekret des Königs Unterzeichnete. Monatelang blieb
Goblet ohne Kollegen. Schließlich sprangen Rogier und Lebeau
mutig in die Bresche (am 20. Oktober 1832) und übernahmen die
Portefeuilles des Innern und der Justiz. Gleich die ersten Wochen
zeigten, was ihrer harrte. Ein neuer Konflikt mit Holland stellte ihre
Kraft auf die Probe. Als König Wilhelm den Verträgen zum Trotz
die Zitadelle in Antwerpen und Gebiete an der Schelde zu räumen
sich weigerte, erlaubten es Frankreich und England den Belgiern
nicht, selbst zu den Waffen zu greifen, sondern führten die Straf-
expedition selbst aus. Kaum begann das Bombardement der
Zitadelle, als wiederum das Land in wilden Aufruhr geriet. Wütende
Angriffe wurden gegen die „conseillers parricides“ der Krone
geschleudert, die verräterisch und feige die Fremden auf heimischem
Boden duldeten. Wie ein orangistisches Blatt es sich herausnahm.,
über den König, den ,,commis-voyageur electoral au profit du cabi-
net Lebeau, usurpateur faineant, vampire couronne“ herzufallen,
so mußten sich auch die Minister die gröbsten und sinnlosesten
Gemeinheiten gefallen lassen. ,,Wenn man mich fragte, ob es
noch ein Belgien gibt, würde ich antworten: nein!. . . In allem, was
„sich ereignet hat, sehe ich bloß Mord und schmähliche Schwäche“,
kreischte Gendebien, der Tollsten einer. Mit diesem früheren Mit-
arbeiter kam Rogier immer weiter auseinander; bald mußte er
ihm im Zweikampf gegenübertreten. Zweimal sahen er und seine
Kollegen sich genötigt, dem König ihren Abschied anzubieten;
dann mußten sie zu der Auflösung der Kammer schreiten. Erst
der Stillstand mit Holland (21. Mai 1833) brachte eine gewisse
Entspannung. Aber an inneren Unruhen fehlte es niemals. Die
Orangisten gaben den Widerstand gegen die neue Regierung nicht
auf. Neben sentimentalen Phantasten, wie jener begeisterte Präsi-
dent der „Loyaute“, der sich voller Inbrunst in einer Fiole Tränen
des Prinzen von Oranien alleruntertänigst verwahrte, gab es doch
auch bei ihnen Entschlossene, denen es nicht darauf ankam, die
Revolution durch eine Revolution zu beseitigen. Im April 1834
brachen in Brüssel recht häßliche Wirren aus, plündernd zog der
johlende Pöbel durch die Straßen. Rogier griff persönlich ein.
Hoch zu Roß zeigte er sich in den Straßen und versuchte, die Menge
zu beruhigen. Ein Rasender schlug auch gegen ihn los und traf
ihn am Kopfe.
Als Minister ging Rogier mit besonderem Eifer an alle Auf-
gaben, die das geistige Leben fördern konnten. Er veranlaßte
Otto Cartellieri:
nennungsdekret des Königs Unterzeichnete. Monatelang blieb
Goblet ohne Kollegen. Schließlich sprangen Rogier und Lebeau
mutig in die Bresche (am 20. Oktober 1832) und übernahmen die
Portefeuilles des Innern und der Justiz. Gleich die ersten Wochen
zeigten, was ihrer harrte. Ein neuer Konflikt mit Holland stellte ihre
Kraft auf die Probe. Als König Wilhelm den Verträgen zum Trotz
die Zitadelle in Antwerpen und Gebiete an der Schelde zu räumen
sich weigerte, erlaubten es Frankreich und England den Belgiern
nicht, selbst zu den Waffen zu greifen, sondern führten die Straf-
expedition selbst aus. Kaum begann das Bombardement der
Zitadelle, als wiederum das Land in wilden Aufruhr geriet. Wütende
Angriffe wurden gegen die „conseillers parricides“ der Krone
geschleudert, die verräterisch und feige die Fremden auf heimischem
Boden duldeten. Wie ein orangistisches Blatt es sich herausnahm.,
über den König, den ,,commis-voyageur electoral au profit du cabi-
net Lebeau, usurpateur faineant, vampire couronne“ herzufallen,
so mußten sich auch die Minister die gröbsten und sinnlosesten
Gemeinheiten gefallen lassen. ,,Wenn man mich fragte, ob es
noch ein Belgien gibt, würde ich antworten: nein!. . . In allem, was
„sich ereignet hat, sehe ich bloß Mord und schmähliche Schwäche“,
kreischte Gendebien, der Tollsten einer. Mit diesem früheren Mit-
arbeiter kam Rogier immer weiter auseinander; bald mußte er
ihm im Zweikampf gegenübertreten. Zweimal sahen er und seine
Kollegen sich genötigt, dem König ihren Abschied anzubieten;
dann mußten sie zu der Auflösung der Kammer schreiten. Erst
der Stillstand mit Holland (21. Mai 1833) brachte eine gewisse
Entspannung. Aber an inneren Unruhen fehlte es niemals. Die
Orangisten gaben den Widerstand gegen die neue Regierung nicht
auf. Neben sentimentalen Phantasten, wie jener begeisterte Präsi-
dent der „Loyaute“, der sich voller Inbrunst in einer Fiole Tränen
des Prinzen von Oranien alleruntertänigst verwahrte, gab es doch
auch bei ihnen Entschlossene, denen es nicht darauf ankam, die
Revolution durch eine Revolution zu beseitigen. Im April 1834
brachen in Brüssel recht häßliche Wirren aus, plündernd zog der
johlende Pöbel durch die Straßen. Rogier griff persönlich ein.
Hoch zu Roß zeigte er sich in den Straßen und versuchte, die Menge
zu beruhigen. Ein Rasender schlug auch gegen ihn los und traf
ihn am Kopfe.
Als Minister ging Rogier mit besonderem Eifer an alle Auf-
gaben, die das geistige Leben fördern konnten. Er veranlaßte