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Otto Cartellieri:
A jamais resserrons ensemble
Les liens de fraternite,
Et qu’un meine cri nous rassemble:
Le Roi, la Loi, la Liberte.
rief Rogier in seinem „Chant National“ (1860) aus. -
Am 10. Dezember 1.865 starb nach einer erfolgreichen Regie-
rung König Leopold 1., der rasch seinen deutschen Ursprung ver-
gessen hatte und durch und durch Belgier geworden war. Seine
gewandte Politik zielte unablässig darauf hin, daß der Staat, den
Europas Gnade schuf, sich aus eigener Kraft erhalten konnte.
Seinen Ministern, Rogier zumal, machte er es nicht immer leicht.
Im innersten Herzen hochmütiger Aristokrat, neigte er mehr den
Katholiken als Trägern der konservativen Idee zu und beobachtete
mit wachsendem Unbehagen die unablässig vorwärtsdrängenden
Liberalen, in denen er häufig Sozialisten witterte. Er widerstand
nicht immer den Einflüsterungen des Hochadels, des päpstlichen
Nuntius; ein „pouvoir occulte“ arbeitete nicht selten Rogier ent-
gegen. Allzu ängstlich und empfindlich wachte der Koburger
über seine Rechte und neigte dazu, die Wichtigkeit seiner Befug-
nisse zu überschätzen. Indem er sich persönlich allzu sehr um das
Kleinste kümmern wollte, verzögerte er den Geschäftsgang. Der
maßlose Parteienkampf, der auch vor dem Tore des Königs-
palastes nicht Halt machte, wurde ihm mit zunehmendem Alter
stets verhaßter. Welche Debatten rief noch kurz vor seinem Tode
die Entsendung der belgischen Legion nach Mexiko hervor!
Bei der Erörterung über das Stipendiengesetz schrieb ein Blatt:
,,Le roi n’avait plus droit au respect de ses su.jets quand il sanction-
nait une loi de vol. .
Der preußisch-österreichische Krieg führte einen gewissen
„patriotischen Stillstand“ der Parteien herbei. Er hat für Belgien
nur mittelbare Folgen gehabt. Um Frankreich den Sieg von
Königgrätz und den Mißerfolg in Mexiko vergessen zu machen,
rollte Napoleon die Luxemburger Frage wieder auf und versuchte
dem König von Holland das Großherzogtum Luxemburg abzu-
kaufen: wenn erst in Luxemburg, so war man auf dem halben
Wege nach Brüssel. ,,Je ne connais qu’une maniere de grandir,
Test de s’etendre. Je ne renonce pas aux conquetes, moi,“ pol-
terte Gassagnac.
Der energische Protest Preußens, das vor einem nochmaligen
Waffengang nicht zurückgeschreckt hätte, vereitelte auch die
Otto Cartellieri:
A jamais resserrons ensemble
Les liens de fraternite,
Et qu’un meine cri nous rassemble:
Le Roi, la Loi, la Liberte.
rief Rogier in seinem „Chant National“ (1860) aus. -
Am 10. Dezember 1.865 starb nach einer erfolgreichen Regie-
rung König Leopold 1., der rasch seinen deutschen Ursprung ver-
gessen hatte und durch und durch Belgier geworden war. Seine
gewandte Politik zielte unablässig darauf hin, daß der Staat, den
Europas Gnade schuf, sich aus eigener Kraft erhalten konnte.
Seinen Ministern, Rogier zumal, machte er es nicht immer leicht.
Im innersten Herzen hochmütiger Aristokrat, neigte er mehr den
Katholiken als Trägern der konservativen Idee zu und beobachtete
mit wachsendem Unbehagen die unablässig vorwärtsdrängenden
Liberalen, in denen er häufig Sozialisten witterte. Er widerstand
nicht immer den Einflüsterungen des Hochadels, des päpstlichen
Nuntius; ein „pouvoir occulte“ arbeitete nicht selten Rogier ent-
gegen. Allzu ängstlich und empfindlich wachte der Koburger
über seine Rechte und neigte dazu, die Wichtigkeit seiner Befug-
nisse zu überschätzen. Indem er sich persönlich allzu sehr um das
Kleinste kümmern wollte, verzögerte er den Geschäftsgang. Der
maßlose Parteienkampf, der auch vor dem Tore des Königs-
palastes nicht Halt machte, wurde ihm mit zunehmendem Alter
stets verhaßter. Welche Debatten rief noch kurz vor seinem Tode
die Entsendung der belgischen Legion nach Mexiko hervor!
Bei der Erörterung über das Stipendiengesetz schrieb ein Blatt:
,,Le roi n’avait plus droit au respect de ses su.jets quand il sanction-
nait une loi de vol. .
Der preußisch-österreichische Krieg führte einen gewissen
„patriotischen Stillstand“ der Parteien herbei. Er hat für Belgien
nur mittelbare Folgen gehabt. Um Frankreich den Sieg von
Königgrätz und den Mißerfolg in Mexiko vergessen zu machen,
rollte Napoleon die Luxemburger Frage wieder auf und versuchte
dem König von Holland das Großherzogtum Luxemburg abzu-
kaufen: wenn erst in Luxemburg, so war man auf dem halben
Wege nach Brüssel. ,,Je ne connais qu’une maniere de grandir,
Test de s’etendre. Je ne renonce pas aux conquetes, moi,“ pol-
terte Gassagnac.
Der energische Protest Preußens, das vor einem nochmaligen
Waffengang nicht zurückgeschreckt hätte, vereitelte auch die